Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Freitag, 26. September 1817 (Nr. 94)

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An

Mademoiselle

Carolina Brandt.

dermalen Mitglied des Ständischen

Theaters

zu

Prag.

Kohlmarkt 514.

2t Stok.

Mein vielgeliebter Schneefuß!

Deine beiden gar lieben Briefe 93 und 94. /: soll heißen 9495 :/ habe ich zu meiner großen Freude und Erquikung erhalten. und will sie schönstens nach der Reihe beantworten. ad 94. vom 19t Also meine 90 und 91 haben dir Freude gemacht? nun das ist Recht so muß es sein daß wir uns immer nur auf des Anderen Freude freuen, dann wird immer alles gut gehen und wir ruhig und vergnügt leben.       das Wechselchen hat mich sehr angenehm überrascht wir könnens wahrlich jezt sehr gut brauchen.       Es ist wirklich hübsch von der Liebich, und ich hätte ihr diese Grosmuth gegen ein abgehendes Mitglied nicht zugetraut*. Es ist mir immer so lieb wenn ich etwas Gutes von den Leuten höre. du hast sehr klug gethan dir etwas von dem Gelde zu behalten, da es mit der Gage noch ungewiß ist, und du sie wohl eigentlich nicht verlangen kannst. das must du nun pfiffig anfangen, daß du weder unbescheiden erscheinst, noch sie allenfalls im Stiche läßt wenn sie dir bestimmt war. Nun du wirst es schon treffen, und die 2 # werden dir ja an H: Stiepanek auch einen guten Freund erworben haben. Mit dem Halstuch liebe Mukkin warte bis ich da bin, und gieb nur jezt nichts aus, denn ich kann leider Gottes noch gar nichts fest bestimmtes sagen. davon später ein Mehreres.      Die Aufnahme des Publikums freut mich und du hast gut gethan Ihnen was freundliches zu sagen, denn vor dem Publ: in Maßen muß man immer Achtung haben. Die Rollbergsche Geschichte ist garstig. Gott sei Dank dergl: giebts bei uns nichts. der Ton ist doch ganz anders bei uns.

Die Idee das steife Zeug zu Vorhängen zu nehmen ist längst aufgegeben und das seidene Zeug von Leipzig verschrieben das sehr schön ist und nur 13 groschen kostet. Mit dem rothen Perkal ists nitz lieber Muks. Den grünen Schawl mache du nur zum Schawl fertig. er wird so schön, thu mir doch die Liebe. als Vorhang können wir ihn nicht mehr plaçiren.      du Staunst über die 130 Ellen? 150 sinds jezt. ich lache ganz heimlich wenn ich so deine Skrupel lese. wirst schon sehen was stekt. – betrügen laße ich mich nicht so leicht.      60 Ellen zu 2 Fenster ist nicht zu viel. die Fenster sind hoch, und die Vorhänge gehen bis auf die Erde herab, wie die Beerschen in Berlin.      Wie du das alles Waschen und Bügeln willst, ist deine Sache. das sind dann die großen Sorgen der Haus frau. sehen werde ich dich doch. ich komme dann in die BügelStube, und hol mir ’n Buß. gelte? daß Odonells mit mir zufrieden sind, freut mich, ich habs aber nicht um sie verdient, indem ich sie weniger sah als ich gewünscht hätte.      Mit dem Schrank ist das doch eine ärgerliche Sache.       Den schwarzen Rott habe ich heute probirt ist sehr schön, und komt nicht eher an den Leib als am Hochzeit Tage.      Madam werden da wohnen wo ich es befehle, und nicht 20 Meilen entfernt schon disponiren wollen. verstehen Sie mich? jezt heißts gehorchen! oder !!!!!       Nun zu No: 95 vom 23t.       Ja wohl rükken wir den 100 immer näher*, und es wird wohl auch ohne Extra Brief wenigstens voll werden. – Was die Ungeduld betrifft, so kann ich auch mit der besten Sorte aufwarten nuzt aber nitz das Un muß wett. o du dummer Mopel, was hab ich gelacht Nachtleibchen ohne Ermel! nun gut! | noch mehr aber über die Geschichte mit der Mlle. Brandt aus Berlin. ich glaube nicht daß es eine giebt wenigstens kenne ich sie nicht, also sein Ihro Gnaden nur ruhig, es wird schon an den Tag kommen welches die rechte ist.      Die arme Grünbaum, so gehts, das komt von der Bißigkeit – nur das nicht, nur immer wohlwollend. –

Nun, sei so gütig! bedaure mich endlich ich dächte es wäre Zeit, es ist wirklich über alle Begriffe wie ich geplagt bin. Heute gehe ich gar nicht aus, und hotte und arbeite.      Die Einkauf Geschichte hat mir nur einen Tag die Prof: Hermann besorgt, nehmlich den Moußelin und das Küchen Geschirr. Das andre thue ich alles allein, denn die Leute sagen ich verstünds, wenn ichs nicht recht gemacht habe so gieb mir Haue wenn du da bist. an Liebhaberinnen fehlt mirs übrigens nicht die mir helfen würden, aber ich bin zu eigensinnig ich muß alles selbst thun. nun sind sie alle drauf aus mir eine gute Köchin zu suchen.       den lieben guten Kind, wirst du natürlich auch kennen lernen. alles freut sich auf dich Mamelutt. Das Zeug für die Stühle laße nur noch. Schmidls kommen Morgen mit dem ganzen Hof in die Stadt*.       Ich hoffe nicht daß du den Ofen mußt in Arbeit sezzen, der Himmel wird uns ja das schöne Wetter noch erhalten. dabey fällt mir das Holz ein, o weh!      Ja beileibe nicht krittlich! das ist schärfstens verboten und hilft zu nichts.

Reinekke hat so ziemlich gefallen* ich habe ihn aber nicht gesehen.       für das schöne Roserl danke ich 1000 mal, es ist recht lieb und hübsch. habs immer vor mir liegen. sei nur fleißig.

Nun noch geschwind referiren, denn die Post will fort.

d: 22t den ganzen Tag gearbeitet an der Cantate, und einen Chor gemacht der lustig ist, und doch schon die Leute hat flennen machen so gut ist es*.       d: 23t gearbeitet. um 11 Uhr mit Baßi und Miksch nach Pillnitz gefahren, um den Prinzen pp meine Aufwartung zu machen. Sonst ist man in einer 4tel Stunde mit diesen Visiten fertig. ich brauchte von 3–5 Uhr. Sie waren wirklich ungemein liebenswürdig und gut. sprachen so viel von dir, nahmen so innigen Antheil an der Verzögerung daß es dich gewiß gerührt hätte.       Besonders die Prinzeßin Therese hielt mir einen ordentlichen Bericht über alles, und sagte daß die endliche Entscheidung* zwischen d. 2t–9t 8b ankommen müße, und daß dann alles schnellstens gehen würde.      Gott gebe es, ich will ja gerne Tag und Nacht arbeiten. wenn nur alles bald vorüber geht. um ½ 8 Uhr kam ich nach Hause, und arbeitete.       d: 24t General Pr: von den vor: Wirthen. da war die Unruhe in meinem Hause so groß daß ich bei Miksch arbeiten muste, und des Nachts von Maurer Schutt und Hobelspänen umgeben im großen Zimer schlief, weil bei mir geweißt war.

Gestern d: 25t habe ich mir verschiedenes in einer Auktion erstehen laßen. auch 2 Silber Vorlegelöffel gekauft, und den Suppenlöffel | puzzen und […] inwendig vergolden laßen. auch das Porzellän ist jezt im Hause. Meine Stube fertig gemahlt und künftige Woche hoffe ich mir mein Nest einrichten und hinein ziehen zu könnenT.

Abends waren die Vorn: Wirthe zum 1t male*. gieng vortrefflich, und gefiel außerordentlich. Die Sandrini hielt sich brav und spielte sehr hübsch*.

Nun alte Mukkin muß ich schließen. Grüße mir Junghs und die Mutter bestens. Gott schenke dir frohen Sinn und Geduld das Ende der Prüfungs Zeit ruhig und heiter abzuwarten. vielleicht geht’s schneller als wir glauben. Gott segne dich + + + schreib mir oft und heiter und behalte lieb deinen dich über alles liebenden treuen Carl.

Millionen Bußen.

[V]iele Grüße von Friedbergs, sie reisen heute ab.

Editorial

Summary

Privates; Einrichtung usw. betr.; gemeinsame Bekannte; Tagebuch 22. Sept. ff.: Arbeit an Kantate, Besuch in Pillnitz bei den Prinzen; Auff. der Vornehmen Wirthe

Incipit

Deine beiden gar lieben Briefe 93 und 94

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 124

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelrest und -loch

Text Constitution

  • “[…]”deleted text illegible
  • “V”supplied by the editors

Commentary

  • “… ein abgehendes Mitglied nicht zugetraut”Zum Wechsel auf Ballabene vgl. den Tagebucheintrag vom 22. September 1817. Es dürfte sich u. a. um die Einnahme für Caroline Brandts Benefiz am 17. September 1817 im Prager Ständetheater handeln.
  • “… wir den 100 immer näher”Bezogen auf die Briefzählung.
  • “… ganzen Hof in die Stadt”Die Sommersaison, die die königliche Familie in Pillnitz verbrachte, dauerte 1817 vom 4. Mai bis 27. September; vgl. das Pillnitzer Hoftagebuch (Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Bestand 10006 Oberhofmarschallamt, O 05, Nr. 50).
  • “… Reinekke hat so ziemlich gefallen”Zu Reineckes Gastauftritt am 23. September 1817 vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 3. Oktober 1817.
  • “… machen so gut ist es”Laut Tagebuch Chor Nr. 6 „De mirti e d’ulivi“.
  • “… sagte daß die endliche Entscheidung”Über den Termin der Prokurationstrauung von Prinzessin Maria Anna.
  • “… Wirthe zum 1 t male”Vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 4. Oktober 1817.
  • “… brav und spielte sehr hübsch”Erster Auftritt im deutschen Hoftheaterdepartement in der Rolle der Pauline.

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