Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Hosterwitz, Mittwoch, 10. und Donnerstag, 11. Mai 1826

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Da kömt entlich Dein lieber Brief von 28t Aprill No 23. Der hat einmal wieder lange gebraucht hierher zu komen — wollte doch Gott er hätte Dich so heiter und gesund verlaßen als er uns alle getroffen hat. Das herliche Wetter was wir seit gestern haben hat uns alle erquikt und erheitert! es vergeht nicht eine Stunde wo wir Dich nicht hieher wünschen mein geliebter Carl. Heute haben wir eine große Tour nach der Keppmühle, und über den Zukerhuth nach haus gemacht. Max hat den ganzen Weg mit gemacht, und ist nicht müde gewesen. Uiberhaupt zappeln sich die Kinder was ab! Den ganzen Tag liegen sie in der Sonne, und der Alex im Stall. Wie schön ist’s doch hier! weil ich ein Jahr nicht hier war*. fühle ich es nun doppelt. ach wärst Du nur erst da, ich genieße es doch nur alles halb wenn Du mir fehlst. Hoffendlich, ist bey Euch das Wetter nun auch beßer, und Dein Schnupfen wird, wie der meine bey der Wärme wieder nachlaßen. Ich habe bemerkt, daß bey Euch ziemlich das Wetter das nehmliche ist wie bey uns nur daß der schöne Nebel bey uns zu Regen wird. Gestern sind wir auch schön angekomen: wir wollten Nachmittag ein Gang auf den Zukerhut machen, die Sonne schien warm und schön, aber der vorsichtige Rothe nahm doch den Schirm mit, und das zu unsern Glük! Denn kaum waren wir die hälfte weg, da kömt über den Berg ein trübes Wölklein herein ich dacht auch: es wird ein Regen drin sein, aber gehorsamer Diener! es waren Schloßen* so gros wie eine Nuß — nein, wie eine Bohne. Da standen wir und konten nicht weiter und wie der Schauer vorüber war, hätten wir recht gut mit den Berg Bächen herunter schwimen können. Bis an die Knöchel naß, aber ganz heiterer Laune kamen wir nach hauß, zogen uns um, und das fußbad hat keinen was geschadet.      Abends bekam ich noch einen Brief von Schlesinger worin er wieder vielerley Anliegen hat. Erstlich soll ich ihm gleich die neuen Musikstüke senden (ist bereits geschehn) Dann soll Dein Atvokat die Anzeige | in alle Zeitungen setzen laßen: daß Du das Eigenthums Recht worauf das Privilegium gegeben ist, an Herrn Schlesinger in seinen ganzen Umfang cediert hast*. Dann soll ich ihm melden wie es mit den Privielegien von Baden und Bayern steht*. Dann an wen er das Honorar zahlen soll pp — kurz ein ganzen Sak von Comision. — Ich denke aber die Komision wegen den Zeitungs Artikel ist eine Dummheit von herrn Schlesinger, denn so etwas kanst Du doch nur selbst thun. ich erwarte daher erst Deine Order.

Den 28ten war ich noch nicht in Hosterwitz, da hast Du dich auch verrechnet, saß ruhig in Dresden und heitzte ein daß der Ofen glühte, hatte ein tüchtigen Schnupfen. Also das Dirigieren wäre überstanden? gratuliere! Auch ein Nebenbuhler? Ey Ey! nun wird schon sein Anhang haben der herr Fischkopf. Heute war auch Böttiger auf einen Sprung bey mir wie er vom Prinz Johann kam. Der kann sich gar nicht zufrieden geben über das Lumpige Honorar für den Oberon — in einer englischen Zeitung steht: du habest den Klavierauszug für 1000 £ verkauft, und als ich ihm sagte: der gehöre auch Kembel, wollte er toll werden. Wie ist’s denn Männe, schreibe mir doch ob es würklich so schlim ist, und Du geprellt bist durch Herrn Kempel? Ob er wieder das Fett allein von der Suppe schöpft? bitte bitte! laß mich nicht zappeln, schreibe mir nur ob Du zufrieden bist. Arme Männe! 15 Meilen zum Eßen zu fahrn daß ist doch gar arg! wenn Du Dich da nur nicht wieder verdirbst! ach was wirst Du froh sein wenn die heiße Ernte Zeit vorüber ist! aber gewiß gewiß, dann wollen wir uns auch einmal eine Güte thun, und recht tolles Zeuch machen.

bey der Nobleße hast dus verschüttet? imerhin! | schone Du Dich nur. das Volk kann Dir keine Stunde Deinen Lebens ersetzen. Böttiger hat nur immer Noth daß der König noch nicht in London ist — aber am Ende ists auch nichts wenn er auch da ist, Du hast nun einmal kein Glük mit denen. Daß Du recht viel zu thun hast glaube ich gern mein Alter und ich mögte edelmüthig sein und Dir sagen Du sollst mir lieber nicht so oft schreiben, aber ich kanns nicht übers Herz bringen denn ich lebe so nur immer in der Hoffnung, von ein Postag zum Andern. Meine Sehnsucht ist nicht geringer als die deinige mein Leben, und nie ist mir eine Trennung so schwer zu ertragen gewesen als diese; doch Gott wird auch diese überstehen helfen, und das Wiedersehen wird um so froher sein.

Gute gute Nacht für heute mein Theurer lieber Carl ich küße Dich 10000mal + + +

den 11 da komen wir eben von einen weiten Spaziergang, und die Marie brachte mir ein Brief entgegen, aber leider war er nicht von Dir. Basange schikte mir eine Antwort des Herrn Strasburger aus München worin es wirklich heist: Es wird Herrn v Weber das Privilegium gegen den Nachtruk der Oper bewilligt aber nicht des Klavier Auszugs und der einzeln arrangierten Stüke, was gegen die bestehenden Gesetze wäre, ausgenomen jedoch er selbst besorgt diesen Klavier Auszug und der einzeln Stüke in einer zu bestimenden Zeit. Sobald er sich hierüber erklärt hat wird das Privilegium gegen Zahlung der Taxe ausgefertigt*. — Was heist nun das selbst besorgen? Der KlavierAuszug ist ja von Dir selbst verfertigt, soll es gar heißen: selbst verlegen? Rothe will morgen herein fahren und mit Bassange darüber sprechen. Dem Schlesinger will ich den Brief vom Straßburger schiken bey solchen Gelegenheiten ist es doppelt schlim, daß man so spät Antwort erhalten kann. Du glaubst nicht mein Alter wie verlaßen ich mir vorkome wenn irgend etwas vorkömt wo ich mir nicht gleich selbst zu rathen weiß, da fühle ich recht was es für ein Glük ist einen Mann zu haben auf den man sich in jeder Noth des Lebens verlaßen kann. wie viel haben wir auf den heutigen Spaziergang von Dir gesprochen! bey jeder schönen Stelle Dich her gewünscht. Die Gegend ist doch gar so schön! Die Kinder gedeihen zusehens in dieser herlichen Luft, und ich hoffe zu Gott; auch Du wirst Dich wieder hier erholen. Rothe spielt eben aus der Euryanthe — das versetzt mich recht in die Zeit wo du noch daran componirtest, und diese Töne auch so leise herunter schallten — gute gute Männe! was gäbe ich darum Dich nur eine halbe Stunde zu sehen! — werden wir uns nicht ganz fremd geworden sein? so lang waren wir noch nie getrennt. Dein Bild habe ich mit heraus genomen und die Kinder müßen Dir jeden Tag ihren Morgengruß bringen. Max spricht jetzt recht oft von Dir, ob er wohl auch ein bißel scheu gegen Dich sein wird? hoffendlich nicht. Rothe befindet sich recht wohl, und lernt fleißig mit Max. Er trägt mir immer 1000 herzliche Grüße auf, es ist ein rechter Trost für mich daß er hier ist, ich kann doch von Dir reden, mit einer treuen Seele die Dich auch lieb hat. | heute habe ich auch zum erstenmal gebadet, und mich recht wohl darauf befunden. Im nächsten Monat werde ich aber eine ortendliche Cur anfangen. Hedenus hat sich aber noch nicht erklärt welches Waßer ich trinken soll. Ich bin froh daß er haußen ist. Seine Frau ist gefährlich krank, man fürchtet für ihr Leben. Habe ich Dir geschrieben das Mad. Philippi Tod ist? Die armen Kinder! Das Erbtheil des herrn P. soll nicht groß sein. Theater Kritiken schreibt er jetzt nicht. er soll sehr betrübt sein. Villeicht tröstet er sich so schnell wie Herr Marschner —. Die Dewrient ist am Sontag im Blaubart wieder heraus gerufen worden*. Er ist von Frankfurt zurük, und soll sich würklich dort engagiert haben*. Das hat man Herrn Tiek zu | danken. Habe heute auch eine Ausgabe gehabt die unnöthig scheint, es aber gar nicht ist. Habe nehmlich eine Thür an die Treppe machen laßen, weil es für die Kinder gar zu gefährlich so ist, und vor ein paar Tagen der Alex beinah herunter gestürtzt wäre. So plump das Ding gemacht ist kömt es mit den Eisenwerk auf 3 Thaler — ja man glaubt es kaum wie das Geld fliegt. Villeicht bringt mir Rothe morgen ein Briefel mit! ach würde es doch wahr! nun villeicht.

Gott segne Dich mein geliebtes Theures Leben.  + + + bleibe gesund, und behalte uns lieb. schone dich, und ärgere Dich nicht. leb wohl — leb wohl! ich küße Dich 1000mal.

Apparat

Zusammenfassung

hat Brief von Schlesinger mit allerlei Anliegen (Webers Rechtsanwalt soll Anzeige in Tageszeitungen setzen, dass W. Schlesinger das Eigentumsrecht an Oberon cediert hat; wie es mit den Privilegien von Bayern und Baden stehe, an wen er das Honorar zahlen soll usw.); sie hatte erneut Gespräch mit Böttiger wegen Oberon-Honorar, bittet W. ihr mitzuteilen, wie es wirklich damit steht; Straßburger aus München teilt mit, dass das Privileg für den Oberon gegen Nachdruck erteilt sei, es gelte aber nicht für Klavierauszug und Arrangements einzelner Stücke, es sei denn, er selbst wäre Herausgeber und Arrangeur; fragt, wie sie das deuten soll; Theaternachrichten

Incipit

Da kömt entlich Dein lieber Brief von 28t Aprill

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. Caroline von Weber 24

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. u. 1/4 Bl. (6 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt.: a) DRESDEN | 11. Mai 26 b) F P O | MY - 22 | 1826 c) ALLEMAGNE | PAR | FORBACH

Textkonstitution

  • Hosterwitzam Rand hinzugefügt
  • 22„18“ durchgestrichen und ersetzt mit „22
  • May 1826.„Aprill“ durchgestrichen und ersetzt mit „May 1826.
  • S„s“ überschrieben mit „S
  • „… es doch wahr! nun villeicht“dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… ein Jahr nicht hier war“1825 hatten die Webers ihr Sommerquartier nicht in Hosterwitz, sondern im Coselschen Garten vor der Dresdner NeustadtT.
  • „… gehorsamer Diener! es waren Schloßen“Hagelkörner.
  • „… seinen ganzen Umfang cediert hast“Eine solche Erklärung bezüglich der Rechte des Verlags am Oberon ließ Schlesinger dann ohne Wissen Webers unter dessen Namen veröffentlichen.
  • „… von Baden und Bayern steht“Das bayerische Privileg bezüglich der Oberon-Verlagsrechte wurde am 20. Juni 1826 erteilt, aber kein solches von Baden; vgl. Großherzoglich Badisches Staats- und Regierungs-Blatt, Jg. 24 (1826), S. VIII (Inhaltsübersicht mit Überblick über die Privilegienverleihung).
  • „… gegen Zahlung der Taxe ausgefertigt“Vgl. dazu Entwurf von Weber an Freiherrn von Cetto vom 15. April 1826.
  • „… Blaubart wieder heraus gerufen worden“Sie sang am 7. Mai die Marie; auch die sonstige Besetzung stimmte mit jener der ersten Vorstellung der neu einstudierten Oper am 24. April überein (vgl. den Kommentar zu Caroline von Webers Brief vom 25. April 1826).
  • „… sich würklich dort engagiert haben“Carl Devrient gastierte in Frankfurt/Main vom 20. April bis 3. Mai 1826; vgl. Anton Bing, Rückblicke auf die Geschichte des Frankfurter Stadttheaters von dessen Selbständigkeit (1792) bis zur Gegenwart, Bd. 1, Frankfurt am Main 1892, S. 143. Ein Engagement kam nicht zustande.

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