Carl Maria von Weber an Heinrich, Wilhelm und Michael Beer in Berlin (Entwurf)
Dresden, Donnerstag, 9. März 1820

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Absolute Chronologie

Vorausgehend

Folgend


Korrespondenzstelle

Vorausgehend

Folgend

An die H: Brüder Heinrich. Wolf und Michael Beer zu Berlin. als Antwort auf ihr Schreiben vom 4t huj:

Meine lieben Freunde; ich weiß Ihre kindliche Liebe die verehrten Eltern Unangenehmes ersparen will, Ihre brüderliche Treue die den den Bruder vertritt, und die freundschaftliche Hizze die dem Freunde die Reinheit ihrer Zuneigung darlegen will, gewiß zu schäzzen. Aber die erste Pflicht der Freunde ist, die Verhältniße des Freundes zu berüksichtigen, und ihn nicht seinen Feinden durch irgend etwas noch so liebevoll gemeintes so gegenüber zu stellen das ihnen anscheinenden Stoff geben seine Ehre zu beflekken, zu könnten, darbiete.

Und so stehen die Sachen in diesem Augenblikke | hier. Sie haben gesehen welchen Verdruß, welche Kränkung ich wegen dieser Opern erlitten habe*, die so weit giengen daß ich darauf gefaßt war meinen Abschied zu nehmen, hätte nicht die unendliche Gerechtigkeit meines geliebten Königs mich beruhigt. Glauben Sie daß meine Gegenparthey ermangelt hat zu verbreiten, was theils wahr, theils vielleicht erdichtet ist, von Geschenken die die Beersche Familie und Meyerbeer selbst Künstlern und Befördern seiner Werke austheilen: Man hat die Summen hier genannt die H: Wolf Mad: Stich pp: erhalten haben sollen und so weiter.      in diesem Augenblike kam das werthe Geschenk Ihrer Eltern. glauben Sie daß man dieß nicht erfahren hätte? und in welchem Lichte hätte ich dann da gestanden; da ich nicht jedem unsre wahren FreundschaftsVerhältniße erklären kann.

Habe ich denn bei früheren Beweisen der Liebe ihrer Eltern mich geweigert sie anzunehmen? wäre das nicht lächerlicher Stolz gewesen, der blos geben aber nicht wieder empfangen vom Freunde will? ein Stolz der alle wahre Freundschaft vernichten müste.      Wir sind beide reich. ich an Kunstmitteln Ihnen Freude machen zu können.      Sie an Glüksgütern mit denen Sie daßelbe mir zu machen suchen. Wäre dieses Geschenk ein Jahr später, oder zu irgend einer häußlichen Fest Veranlaßung gekomen, ich hätte es wahrlich nicht wagen dürfen es auszuschlagen, aber jezt unmittelbar nach der auf allen diesen Vorgängen, war ich es meiner Ehre der Stellung hier, nicht Ihrer Freundschaft gegenüber schuldig, und es wäre sehr traurig wenn ich nicht so viel von der Liebe meiner Freunde hoffen dürfte, daß sie dieß einsehen und ehren würden.

Von Klatscherey oder Argwohn kann zwischen uns nie die Rede sein. und ich glaube aufs Herzlichste in meinem ersten Schreiben mich ausgesprochen zu haben.      Es versteht sich von selbst daß ich von Ihnen meinen Freunden erwarte, daß Sie meinen Brief Vatern einhändigen.

Auch Sie werden unterdeßen ruhiger geworden sein, und hoffentlich klarer in der Sache sehen, als Ihnen ihr erstes gekränktes Gefühl erlaubte.

Mit der herzlichsten Liebe umarme ich Euch alle und bin unveränderlich Ihr treuster Freund
Weber.

Apparat

Zusammenfassung

begründet nochmals, warum er das Geschenk der Eltern abgelehnt habe: dies sei zum Zeitpunkt der Aufführung von Meyerbeers Emma angekommen u. hätte ihm als Bestechung interpretiert werden können; erwähnt Verdruss wegen dieser Auff.; versichert sie wiederum herzlicher Freundschaft u. bittet seinen Brief (vom 2.März) an die Eltern weiterzugeben

Incipit

Ich weiß Ihre kindliche Liebe, die verehrten

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (X), Bl. 70a/v, 70b/r

    Quellenbeschreibung

    • e.Entw., adr. an Heinrich, Wolf u. Michael Beer

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • MMW II, S. 231–232
    • Neue Musik-Zeitung, Jg. 3, Nr. 11 (1. Juni 1882), S. 3–4

Textkonstitution

  • Treue„Liebe“ durchgestrichen und ersetzt mit „Treue
  • „den“sic!
  • berüksichtigen„ehren“ durchgestrichen und ersetzt mit „berüksichtigen
  • durch irgend etwas„blos“ durchgestrichen und ersetzt mit „durch irgend etwas
  • „noch so liebevoll gemeintes“am Rand hinzugefügt
  • „so“über der Zeile hinzugefügt
  • „gegenüber“unter der Zeile hinzugefügt
  • „geben“durchgestrichen
  • „zu“durchgestrichen
  • „zu“über der Zeile hinzugefügt
  • „t“durchgestrichen
  • wahren„alte“ durchgestrichen und ersetzt mit „wahren
  • Verhältnißegelöschter Text nicht lesbar
  • „erklären“am Rand hinzugefügt
  • „… nicht wagen dürfen es auszuschlagen“Satz bis dahin durch Linie umschlossen
  • „der auf“durchgestrichen
  • „der Stellung hier, … Ihrer Freundschaft gegenüber“am Rand hinzugefügt
  • von„auf“ durchgestrichen und ersetzt mit „von
  • der„die“ überschrieben mit „der
  • hoffen„bauen“ überschrieben mit „hoffen
  • zwischen uns nie„hier gar nicht“ durchgestrichen und ersetzt mit „zwischen uns nie

Einzelstellenerläuterung

  • „… wegen dieser Opern erlitten habe“Vgl. dazu u. a. Webers Briefe an den Grafen Einsiedel vom 9. und 17. Februar 1820 sowie an F. Rochlitz vom 12. Februar 1820.

    XML

    Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
    so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.