Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 15. bis 31. Januar 1824 (darunter Preciosa) (Teil 2 von 3)

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Chronik des königl. sächs. Hoftheaters in Dresden.

(Fortsetzung, s. Nr. 19.)

Am 15. Januar. Hamlet. (L. Tieck.)

Am 17. Jan. La gioventù di Enrico V. (Heinrich V. Jugendjahre). Musik von Morlacchi.

Am 18. Jan. Die Braut. Lustspiel in 1 Akt von Körner. Hierauf: Hedwig, die Banditenbraut. Schauspiel in 3 Akten von Körner. – Zwei Bräute an einem Abende schien uns fast zu viel zu seyn und die letztere besonders scheint ihre Anziehungskraft großentheils verloren zu haben. Die Sturm-, Kraft- und Drangrolle des Rudolph war mit einem neuen Mitgliede der königl. Bühne, Herrn Herrmann, besetzt. Wir wollen ihn nicht nach dieser ersten Leistung beurtheilen. Die Bühne, auf welcher er nun auftrat, und das Publikum, vor welchem er jetzt zu spielen hatte, schien ihm offenbar noch fremd, und er mühte sich daher vergebens in steter Unruhe ab.

Am 19. Jan. Der Bräutigam aus Mexiko.

Am 20. Jan. Die vier Jahreszeiten. Lustspiel in 2 Akten von Charron. Hierauf sollte der "Hofmeister in tausend Aengsten" gegeben werden, eine plötzlich eingetretene Krankheit Hrn. Burmeisters aber hinderte die Darstellung, weshalb denn geschwind Die beiden Billets improvisirt wurden.

Am 21. Jan. Preciosa. Trotz des aufgehobenen Abonnements waren das Zuströmen der Besuchenden wie der Beifall stets dieselben.

Am 22. Jan. Der Unschuldige muß viel leiden. Lustspiel in 3 Akten von Th. Hell. Hierauf: Die Großmama. Lustspiel in 1 Akt von Kotzebue. Mad. Hartwigbewährte in der Hauptrolle ihr ausgezeichnetes Kunsttalent und fand die vollkommenste Anerkennung.

Am 24. Jan. Emma di Resburgo (Emma von Resbourgh). Musik von Mayerbeer.

Am 25. Jan. Die Bürgschaft. Oper in 2 Akten. Musik von Mayer, Mitglied des königl. sächs. Theaters. Schon bei der ersten Aufführung dieser Oper im Anfange des vorigen Jahres haben wir in Nummer 69 dieser Blätter derselben die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, die sie verdient. Bei ihrer gegenwärtigen Wiederbelebung hat der Tonsetzer für gut gefunden, eine neue Ouverture dazu zu schreiben, die manches Gute enthält, einiges zu verkürzen und dafür im zweiten Akte eine kleine Scene einzulegen, welche sowohl hinsichtlich der Handlung recht passend ist, als auch in Bezug auf Composition besondern Beifall verdiente und erwarb. Der Tonsetzer und Darsteller wurde am Schlusse gerufen, und verdienten diese Auszeichnung und Fleiß und Geschicklichkeit.

Am 26. Jan. Die Stricknadeln. Schauspiel in 4 Akten von Kotzebue. Gewiß eins der beßten Seelengemälde des bühnenkundigen Dichters. Es ist uns das neue hochgefeierte Lustspiel von Delavigne, L’ecole des viellards, zugekommen, wir haben es mit großem Interesse gelesen, besonders in Bezug auf Sprache und Feinheiten der Metrik bewundert, aber in der Anlage des Plans nicht nur viele Aehnlichkiet mit unsern Stricknadeln, sondern wir müssen es frei bekennen, in der Aufführung desselben bei weitem nicht die Einfachheit und Wahrheit, welche in diesen vorwaltet, gefunden. Das Verhältniß des noch nicht all zu bejahrten Baron v. Durlach zu seiner Frau ist ein weit zarteres, als es dort mit dem 60jährigen Manne der Fall ist, und der trefflich gezeichnete ¦ Charakter der Landräthin hat in dem französischen Stücke einer Mutter der jungen Frau Platz machen müssen, welche aus Unverstand und Eitelkeit das Töchterchen eben zu allen den Unregelmäßigkeiten veranlaßt, die dem armen Sechziger selbst bei der Rückkehr von Paris nach Havre doch wenig Hoffnung zur Besserung geben. Wir hören, daß ein bühnenkundiger Bearbeiter in Wien mit Uebertragung des Delavigne’schen Stücks auf deutschen Grund und Boden beschäftigt sey, und sind sehr begierig, wie dessen Erfolg, (der freilich mehr auf Erscheinungen in der großen Pariser Welt basirt ist), dem dieses deutschen Original-Schauspiel, das nur das Innere eines stillen Familienkreises schildert, gegenüber, sich auf der Bühne gestalten werde.

Am 27. Jan. Der Freischütz.

Am 28. Jan. La Cenerentola, (Aschenbrödel). Musik von Rossini. Sgra. Gentili sang abermals die Parthie der Angolina, ihre Stimme war aber noch matter als das erstemal, und wir überzeugten uns daher immer mehr, daß sie für solche schwierige Aufgaben sich durchaus nicht eigne.

Am 29. Jan. Der Shawl. Lustspiel in 1 Akt von Kotzebue. Hierauf: Der Junggeselle und Ehemann. Lustspiel in 3 Akten nach dem Franz. Das letztere ging heute ganz ausgezeichnet rasch und in einandergreifend. – Seit Anfange dieser Woche werden die Mitglieder der Königl. Bühne, welche durch Krankheit an den Darstellungen behindert sind, namentlich aufgeführt. Eine sehr zweckmäßige, an einigen andern Orten ebenfalls bereits eingeführte Maßregel, um die Hinderungen bemerklich zu machen, welchen die oberste Bühnenleitung hinsichtlich des Repertoirs im Laufe der Darstellungen unterworfen gewesen ist und die nicht selten eintretende verschiedene Besetzung einzelner Rollen zu motiviren.

Am 31. Jan. Zum erstenmale, und am 4. Februar wiederholt: Didone abbandonata, (Dido, die Verlassene). Musikal. Drama in 2 Aufzügen. Die Musik von Hrn. Reissiger. Man lernt, dem Himmel sey Dank, immer mehr einsehen, als es vor längerer Zeit der Fall gewesen ist, wie es doch durchaus nicht so gleichgültig sey, was für ein Text einer Tondichtung zum Grunde liege. Wahr ist’s, selbst der beste Text einer Oper muß zu Grunde gehen, wenn der Compositeur seine Arbeit ohne Talent begann und ohne Geschicklichkeit durchführte, aber auf der andern Seite wird doch auch schwerlich eine Tonschöpfung dieser Art allgemeinen und bleibenden Eindruck machen, wenn der Operndichter seinen Stoff unpassend wählte, oder in der Durchführung desselben jeder Wirkung selbst entgegenarbeitete. Bei der vorliegenden Oper ist uns dieses wieder einmal recht klar geworden. Diese Didone abbandonata ist durchaus kein Gegenstand für die Bühne, am allerwenigsten für die Oper, oder es müßte eine Meisterhand ihn bearbeitet und Funken für Effekt und Interesse daraus hervorgelockt haben, die so, wie derselbe einfach vor uns liegt, gänzlich fehlen. Ich verurtheile damit nicht Metastasio, dem die jetzt fragliche Oper großentheils ihr Daseyn verdankt, denn erstens ist seine Arbeit doch noch eine ganz andere, völlig einfach und anspruchlos, während sie hier nach neumodischer Art mit Ensemblestücken und Finalen zugeschnitten, eine völlig verkehrte Zusammenstellung eben dadurch gewährt, und zweitens wird wohl niemand jenen Dichter wegen Auffindung und Bearbeitung seiner Stoffe loben, sondern ihm bloß die Gerechtigkeit des zartesten Wohllauts der Sprache und der lieblichsten Folgenreihe von Tönen und Bildern wiederfahren lassen.

(Forts. folgt.)

Apparat

Zusammenfassung

ausführliche Beschreibung der Aufführungen am Hoftheater Dresden im Januar 1824, u.a. kurze Erwähnung von Preciosa und Freischütz

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Dubke, Esther

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 8, Nr. 36 (11. Februar 1824), S. 144

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