Webers Tätigkeit als Geheimer Sekretär in Stuttgart
Als Weber am 23. Februar 1807 die Residenz des Herzogs Eugen von Württemberg in Carlsruhe (in Schlesien) verließ, hatte er neben dem vom Herzog am Tag zuvor ausgestellten Reisepass auch ein am selben Tag ausgestelltes Empfehlungsschreiben an den Stuttgarter Hof in der Tasche. Zwar ging es darin vor allem um die Möglichkeit, sich als Künstler „dem Hofe zu produciren“ – mit einer entsprechenden Eingabe vom 9. August 1807 war Weber dann nicht erfolgreich –, aber nach einem vorausgehenden Besuch bei dem Bruder Eugens, Herzog Ludwig von Württemberg, am 19. Juli hatte Weber doch soweit reüssiert, dass er am 17. August beim Herzog als „geheimer Secretär“ und Privatlehrer der Kinder des Herzogs angestellt wurde (vgl. Anstellungsurkunde vom 16. August 1807).
Die Tätigkeiten, die Weber im Dienste Herzog Ludwigs ausgeübt hat, sind kaum dokumentiert und vor allem seine Sekretärstätigkeit nur aufgrund der späteren Verstrickung Webers in Unregelmäßigkeiten bei der Abwicklung der finanziellen Geschäfte seines Dienstherrn in Umrissen zu beschreiben. So finden sich z.B. in den Akten der Partikularkommission, die nach der Untersuchung der Finanzverhältnisse des Herzogs Anfang 1810 zur Verwaltung seiner Gelder eingesetzt wurde, zahlreiche ältere Rechnungen über Warenlieferungen an den Herzog, die Weber richtigzuzeichnen oder zu annotieren hatte.1 Weitere Dokumente sind in der Sammlung Weberiana der Staatsbibliothek zu Berlin erhalten. Unter den Belegen für seine Tätigkeit beim Herzog finden sich u.a. folgende Schreiben:2
- (D-B, Weberiana Cl. II A.h.5): 17. September 1807: Weber kopiert ein Protokoll der Forderungen etlicher Gläubiger des Herzogs, die in dessen Palais in Stuttgart erschienen waren. Die Gesamtsumme beläuft sich auf 5.446 Gulden.
- (D-B, Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6, Mappe XXII, Nr. 5): 14. November 1807: eine von Weber gefertigte „Berechnung der für den Monats Etat October 1807 von der HofBanque erhaltenen 2.729 f.“. Hieraus geht hervor, dass Weber offensichtlich zu dieser Zeit auch die Gelder für die Herzogin, ihre Töchter und ihre Bediensteten verwaltete.
- (HSA Stuttgart, G 246, Bü 1): September 1807 bis November 1808: Vermerk von mindestens 16 Zahlungen der Hofbank an Weber mit einer Gesamthöhe von ca. 17.000 Gulden,
- (HSA Stuttgart, G 246, Bü 40): Ende 1807: Anmerkungen Webers auf einer Rechnung des Handelshauses Schloß und Pfungst in Frankfurt über Bordüren, ostindischen Muslin u.a., vermutlich für die Herzogin,
- (StA Stuttgart, A 9662): 20. Mai 1808 bis 19. Februar 1809: Berechnung zum Nachweis der Ausgaben des Prinzen Adam,
- (D-B, Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6, Mappe XXII, Bl. 10): Beleg über Gehaltszahlungen für die Monate August und September 1809 an Dr. Johann David Kallin (Leibarzt Ludwigs), den Leib-Husaren August Kühdeisch, den Kammerdiener Friedrich Flister und andere Angestellte,
- (Casa Lausberg HSA Stuttgart, E 55, Bü 464): Weber musste zweimal Stellung nehmen wegen einer nicht bezahlten Rechnung an die Herren Lausberg et C. in Frankfurt. Diese hatten im März 1807 an Herzog Ludwig auf Befehl des Hofrats Döring Rheinwein u. Madeira im Wert von 241 Gulden 30 geliefert und trotz mehrfacher Versicherungen das Geld noch nicht erhalten. Im Mai 1808 hatten sie von Ludwig die Versicherung erhalten, dass Weber diese Summe anweisen solle. Da trotz Mahnungen am 9. Juli und 27. September nichts geschah, wandten sie sich am 25. November 1808 an König Friedrich I. von Württemberg. Weber versicherte daraufhin in einem Schreiben vom 2. Dez. 1808 im Auftrag Ludwigs dem Etatminister, dass die Sache in Vergessenheit geraten war und im Januar 1809 beglichen werden solle. Ein weiteres Schreiben Webers vom 18. April zeigt, dass dies nicht geschah und Weber nun erneut auf eine Zahlung im Mai vertrösten musste.
Diese Belege machen deutlich, dass Weber zumindest an der Aufgabe der Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Herzogs wesentlich beteiligt war und ein entsprechendes Vertrauensverhältnis bestand. So überließ ihm der Herzog, als er im Sommer 1808 zur Kur nach Bad Ems fuhr, 400 Gulden „für die Dienerschaft pr: 20. Juny“. Im folgenden Jahr durfte er sogar den Herzog vom 19. Juli bis 14. August zur Kur begleiten. Im Mai 1809 reiste er im Auftrag des Herzogs nach Straßburg, auch eine Reise nach Pforzheim im Januar 1809 war in inzwischen verschollenen Akten nachweisbar.
Ob aber tatsächlich Weber, der somit detaillierten Einblick in die finanziellen Verhältnisse des Herzogs hatte, der Verfasser eines (undatierten) langen Schreibens ist, mit dem der Herzog sehr dringlich zu einer „gänzlichen Reform und Einschränkung des gesamten Hauswesens“ aufgefordert wurde, muss dahingestellt bleiben. Sehr viel wahrscheinlicher ist wohl, dass es sich um ein diktiertes Schreiben (bzw. eine Kopie) handelt und der eigentliche Verfasser der von dem vom König eingesetzte Verwalter der Finanzen, Ernst Heinrich Faber, war. Von ihm existiert nämlich ein vergleichbares Schreiben vom 15. Dezember 1809, in dem er sehr rigoros die zerrütteten Finanzverhältnisse kritisierte und eine „Radikal-Kur“ forderte. Da er auch die Verwaltung der Schulden übernehmen musste, scheint sein Verhältnis zum Herzog ein sehr angespanntes gewesen zu sein. Ob Weber durch die Ende 1808 erfolgte Anstellung Fabers von den finanziellen Dingen weitgehend entbunden wurde, wie er im Verhörsprotokoll vom 9./10. Februar angibt (dort heißt es, er habe „eigentlich nie die Geschäfte des Herzogs förmlich besorgt, sondern nur einzelne Aufträge erhalten“), bleibe dahingestellt.3 Für die Ausgaben war jedenfalls auch der seit 1797 angestellte Geheime Sekretär G. Döring zuständig. Eine genauere Einschätzung der eigentlichen Tätigkeit Webers wird sicherlich erst nach der Auswertung weiterer Dokumente möglich sein.
Im Rahmen seiner Anstellung beim Herzog kam es zu einem bereits bei Max Maria von Weber erwähnten Zwischenfall, der ebenfalls in den Akten dokumentiert ist:
Weber hatte die königliche Loge betreten, um ein Geschäft seines Dienstherrn Herzog Ludwig mit dessen gerade anwesendem jüngeren Bruder Herzog Eugen aus Carlsruhe zu besprechen; daraufhin rügte König Friedrich I. seinen Bruder (über die Theaterdirektion4, die sich offensichtlich über dieses Vorkommnis beschwert hatte); Herzog Ludwig antwortete dem König am 7. September 1808 und nahm Weber in Schutz; es folgte eine erregte Antwort des Königs vom 8. September, in der Friedrich sich gegen den Ton seines Bruders verwahrte und darauf bestand, dass auch er sich an die Gesetze zu halten hätte (vgl. HSA Stuttgart, G 246, Bü 1, Fasz. 3).
Einzelnachweise
- 1Vgl. insbesondere die Beilagen zu dem umfangreichen Protokoll der Partikularkommission aus dem Jahr 1811, Württembergisches Hauptstaatsarchiv Stuttgart, G 246, Bü 32.
- 2Zu den nachfolgenden Angaben vgl. den Beitrag des Verfassers, A112744, S. 123–131. Die Liste enthält nur eine kleine Auswahl der vorhandenen Belege.
- 3In einem Brief vom 8. Dezember 1811 heißt es, Faber habe „vor 3. Jahren mit Erlaubniß Sr Maj: die Geschäfte des Herzogs, freilich leider ohne alle LokalKenntniß“ übernommen; vgl. HSA Stuttgart, G 246, Bü 18.
- 4Vgl. dazu das bisher noch nicht im Original nachgewiesene Schreiben vom 4. September 1808. Demnach ereignete sich der Vorfall am 2. September.