Carl Maria von Weber an Gottfried Weber in Mannheim
Würzburg, Mittwoch, 27. Februar 1811
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Lieber Weber.
Deinen Brief vom 22t Feb: habe ich zu meiner großen Freude hier gefunden, und‡ auch der Einschluß von Clary, freute mich sehr und ich werde Ihr auch antworten*. ich schikke dir hiebey einen Brief von Triole, nebst meiner Antwort, woraus du auch ersehen [kannst] was ich darüber zu sagen für gut fand, willst du noch ein paar Zeilen zu sezzen, oder habe ich vergeßen ihm was neu vorgefallenes zu berichten, so thue es. mache dann über den Brief an Gänsbacher und ihn, ein Couvert und schikke beyde unter Ihrer Adreße ab. da ich in dem an Gänsbacher, auch meine bisherige Fata referirte, so brauche ich sie dir nicht erst hier zu wiederhohlen, da du den Brief lesen kannst. von Beer habe ich nur ein paar eilige Zeilen noch in Aschaffenburg erhalten, ich weis also noch nicht was er bey euch getrieben hat. ich habe Gestern Abend in ein paar Gesellschaften schon das Andenken des H: Kreuzers rein vertilgt*, indem die Leute wirklich versicherten ich spiele etwas beßer als Er. Wenn du Benzels siehst, so bezeuge Ihnen meine Verehrung und ich würde nächstens das Gedicht componirt schikken*. an Hertlings alles Erdenkliche. ich bin von H: v: Thadfeäus sehr gut aufgenommen worden, und speise heute bey ihm, die Fräulein habe ich noch nicht gesehen. wenn ich nach Wien schreibe werde ich dich vorschlagen*. An den Matinale* schikke ich einen Aufsaz über den Darmstädter KunstZustand, wovon auch du die Abschrifft in ein paar Tagen erhältst. noch habe ich zu viel zu lauffen. Schreibe mir wie deine Meße* gegangen, etwas ausführlich, so will ich einem eleganten Herrn* Freude damit machen. das Reinholds Blatt* fortgesezt wird ist mir sehr lieb. schikke ihm bald wieder etwas. auch sage dem Unknown er soll fleißig seyn, und Frankreich nicht vergeßen. ob unter dem Aufsaz im Archiv* Giusto steht, weis ich nicht, laß dirs von Beer schikken, der bekommt Sie alle von Wohlbrük*, dem ich Sie geliehen habe.
nun lebt wohl liebe Brüder. schreibe mir nach Bamberg Post restant. grüße deine liebe Frau und’s Biwele, Hout’s ppp und bleib der Freund deines Bruders Weber. Würzburg d: 27t Februar 1811.
Gänsbachers Adreße ist. in Prag, im Gräflich Firmianischen Hause zu erfragen.
[an] Giusto.
An dem Musikdirektor oder Profeßor Fröhlich hier habe ich einen Mann gefunden, den ich dem Schuzze des V:[ereins] empfehle. er schreibt, und hat sehr schöne, thätige Ansichten. ich habe Ihn auf dich aufmerksam gemacht, er soll an dich schreiben. zur ganzen Vereinigung bin ich noch nicht gestimmt, aber jemand an Ihn zu empfehlen, ihm Rezensionen zu übertragen, pp wird er sehr nüzlich seyn können. Er hat wie jeder gute Kopf, hier auch mit Kabalen zu kämpfen. er hat mich um Verbindung mit dem Mattinale* ersucht, und das will ich auch anknüpfen. Er ist ein eifriger Verehrer Voglers*, und er giebt bey Simmrok ein bedeutendes Theoretisches Werk* heraus, wovon ich ihm Hoffnung machte daß du es beurtheilen* würdest, es wird erst gegen Ende des Jahres herauskommen, und er dir eine Auseinandersezung seiner Ansicht schikken. ich glaube daß wir eine gute Aquisition an ihm machen, und entspricht er unseren Hoffnungen so können wir ihn ja später noch mehr an uns anschließen*. auch eine Musikschule* und Concert hat er hier gegen die Cabalen des HofOrchesters, das nur im Theater spielen will, durchgesezt*. c’est partout comme chez nous.
Apparat
Zusammenfassung
Posteinschluss und Tätigkeit des Vereins betr.; berichtet über Kontakt mit Fröhlich, den er für den Verein zu gewinnen hofft
Incipit
„Deinen Brief vom 22t Feb: habe ich zu meiner großen Freude“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Joachim Veit
Überlieferung
Textkonstitution
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„und“überschrieben
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„der“durchgestrichen
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„… “Nachschrift auf der Rectoseite am oberen Rand in umgekehrter Schriftrichtung:
Einzelstellenerläuterung
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„Ihr auch antworten“Weber hatte zuletzt am 30. Januar an Solomés geschrieben, ein weiterer Brief an Clary Solomé ist 1811 im Tagebuch nicht verzeichnet.
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„… des H: Kreuzers rein vertilgt“Auf der gemeinsamen Konzertreise mit Franz Leppich zur Vorstellung von dessen Panmelodicon hatte Kreutzer am 1. und 6. Dezember 1810 in Würzburg konzertiert (vgl. die Konzertzettel in der Universitätsbibliothek Würzburg); auf dem Programm standen u. a. Kreutzers Klavierkonzert E-Dur sowie jeweils eine freie Phantasie auf dem Klavier. Webers Ärger beruhte auf der Bevorzugung von Kreutzer und Leppich ihm gegenüber durch das Mannheimer Orchester im Januar 1811; vgl. die Briefe an G. Weber vom 8. Januar und J. Gänsbacher vom 13. Januar 1811 sowie den Bericht in der AmZ vom 10. April 1811. Laut Tagebuch spielte Weber am 26. Februar 1811 bei J. Klein und E. U. Ultsch.
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„das Gedicht componirt schikken“Laut Tagebuch hatte Weber am 8. Januar 1811 ein Gedicht an Benzels zurückgeschickt. Der nächste im Tagebuch verzeichnete Brief (5. September 1811) fällt mit der Begegnung mit Marie von Benzel-Sternau in der Schweiz zusammen, vgl. Brief an Gottfried Weber vom 14. September 1811; zur geplanten Komposition gibt es keine weiteren Quellen. Laut Jähns (Werke), S. 117 hatte Weber das Lied Die Zeit auf Wunsch der Gräfin am 27. November 1810 in Mannheim komponiert; da Weber sich danach mehrfach im Hause der Benzels aufhielt, kann es sich kaum um den Text dieses Liedes handeln.
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„nach Wien schreibe … ich dich vorschlagen“Vermutlich ist der geplante Brief an Castelli gemeint, vgl. Brief an Gottfried Weber vom 20. Februar 1811.
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„Matinale“Vgl. Brief an Johann Friedrich Freiherr von Cottendorf Cotta vom 29. Januar 1811 und Brief an Gottfried Weber vom 30. Januar 1811.
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„deine Meße“Welche Messe Gottfried Webers in der Mannheimer Jesuitenkirche aufgeführt wurde, war nicht zu ermitteln. Vgl. dazu auch Lemke 1968, S. 110–112.
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„einem eleganten Herrn“In der von August Mahlmann herausgegebenen Zeitung für die elegante Welt ist keine Besprechung der Messen-Aufführung erschienen.
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„Reinholds Blatt“Karl Wilhelm Reinhold gab von Oktober 1807 bis September 1808 die Allgemeine deutsche Theaterzeitung heraus. 1809 folgte das Archiv für Theater und Literatur, das 1810 als Archiv für Litteratur, Kunst und Politik erschien. Weber war der Meinung, daß dieses Archiv ab April 1811 fortgesetzt werden sollte (vgl. Anzeige der Fortsetzung des Archiv für Literatur und Kunst u. Brief an Gottfried Weber vom 15. Mai 1811). Gemeint sind jedoch wohl die seit Mai 1806 wöchentlich erscheinenden Gemeinnützigen Unterhaltungs-Blätter, die ab 10. April 1811 zweimal in der Woche unter dem Titel Privilegirte gemeinnützige Unterhaltungs-Blätter herausgegeben wurden (ab 1812 dann als Hamburgisches Unterhaltungs-Blatt) und in denen auch etliche Beiträge der Vereinsbrüder erschienen.
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„Aufsaz im Archiv“Ein Aufsatz von Gottfried Weber war im Archiv für Literattur und Kunst nicht zu ermitteln.
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„Wohlbrük“Die Bemerkung legt nahe, dass Wohlbrück in die Aktivitäten des Vereins eingeweiht war.
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„Verbindung mit dem Mattinale“Im Morgenblatt für gebildete Stände lassen sich eindeutig nur zwei Berichte durch entsprechende Einträge im Redaktionsexemplar im DLA Marbach (Slg. Cotta Hss.) Franz Joseph Fröhlich zuschreiben; vgl. Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 5, Nr. 121 (21. Mai 1811), S. 484 (Korrespondenz-Nachricht aus Würzburg) sowie Jg. 9, Nr. 244 (13. Oktober 1815), S. 975–976 (gez. Pr. Fröhlich). Denkbar ist jedoch, dass auch weitere Korrespondenz-Nachrichten aus Würzburg von Fröhlich stammen.
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„eifriger Verehrer Voglers“Fröhlich stand in engem brieflichen Kontakt zu Vogler, er verfasste mehrere Besprechungen Voglerscher Werke und veröffentlichte später eine Biographie des grossen Tonkünstlers Abt G. J. Vogler (Würzburg 1845). Vgl. dazu auch Brief an Franz Joseph Fröhlich vom 20. Februar 1816.
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„Theoretisches Werk“Franz Joseph Fröhlich, Vollständige theoretisch-praktische Musikschule, Bonn: Simrock, 1810–1811.
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„können wir ihn … an uns anschließen“ Vgl. auch die Tagebuchnotizen vom 26./27. Februar 1811, das Circular vom 10. März sowie den Brief an Gottfried Weber vom 15. Mai 1811. Am 23. Februar 1813 teilte Meyerbeer in einem Brief Gottfried Weber mit, er sei bei Fröhlich gewesen, aufgenommen habe er ihn aber nicht, da er die Sache nicht übers Knie brechen wolle; vgl. Becker (Meyerbeer), Bd. 1, S. 219–220. Nach dem Inhalt dieses Briefes zu schließen, war Fröhlich für den Verein tätig, verfasste auch etliche Artikel über Carl Maria und Gottfried Weber, wurde jedoch trotz seiner engen Kontakte zu den Vereinsmitgliedern offensichtlich nicht als offizielles Mitglied aufgenommen; vgl. auch die Briefe an ihn vom 11. August 1815 und 20./24. Februar 1816.
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„Musikschule“Das Akademische Musikinstitut (die spätere Königliche Musikschule) wurde nach Plänen Fröhlichs 1804 an der kurfürstlichen Julius-Universität in Würzburg gegründet und gilt als erste staatliche Musikschule Deutschlands. Es ging hervor aus dem 1797 ins Leben gerufenen Collegium Musicum Academicum Wirceburgense, dessen Direktion Fröhlich 1801 übernommen hatte. Fröhlich leitete das neue Institut mit großem Erfolg bis 1858; vgl. Karl Kliebert, Die Kgl. Musikschule Würzburg. Denkschrift aus Anlass des 100jährigen Bestehens der Anstalt, Würzburg 1904.
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„Concert hat er … spielen will, durchgesezt“Da sich das Hoforchester offenbar nicht an den Konzerten beteiligen wollte, führte Fröhlich die Konzerte mit den Mitgliedern des von ihm begründeten Instituts durch; vgl. Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 5, Nr. 96 (22. April 1811), S. 384: „Ferner verdienen hier die Konzerte des musikalischen Institutes an der Universität eine rühmliche Erwähnung. Dieselben werden seit vier Jahren von den Studenten der Universität und des Gymnasium gegeben, welche durch die eifrigen Bemühungen des kenntnißreichen, als Tonsetzer rühmlichst bekannten Musik-Direktors, Hrn. Fröhlich, einen hohen Grad von Kunstfertigkeit errangen“. Vgl. dazu auch Zeitung für die elegante Welt, Jg. 11, Nr. 168 (23. August 1811), Sp. 1343.