Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Hamburg
Kopenhagen, Montag, 2. bis Mittwoch, 4. Oktober 1820 (Nr. 12)
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Herzliebster Schnukeduzzer, von jezt an werden meine Briefe sehr kurz werden, denn ich muß förmlich die Zeit dazu stehlen. Es ist hier alles sehr weitläufig und umständlich, und obgleich ich flüchtige Adjudanten in Menge habe, so muß man selbst doch immer das beste thun.
Man hat mir hier bange gemacht daß ich nicht in 4 Tagen nach Lübek komen könnte. das wäre sehr fatal, denn da müßte ich mein Concert dort ganz im Stiche laßen, weil die Zeit gar zu knapp wird, und ich ohne dieß mit Schrekken an das Ende 8b denke. und mehr wie 2–3 Tage möchte ich nicht gerne über meinen Urlaub weg bleiben.
Mit denen Theaterbilleten ist das hier ein ganz eigen Ding, schon Gestern bin ich von Juden und Spekulanten überlaufen worden, die Logen haben wollten, um sie dann höher zu verkaufen. aber ich bin gut unterrichtet, und habe auch einen Juden der mir mein ganzes Geschäft besorgen hilft, und dem mich Gerstäkker adressirt hatte. der Himmel gebe nur recht viel Geld. die Leute klagen aber auch gewaltig, doch merkt man es bei den Freßereyen nirgends das Mangel ist. Gestern habe ich eine Legion Handschuhe bestellt. und eben war Chinesischer Ingwer da, eine herrlich eingemachte Geschichte für den Magen, wird mir aber wohl zu theuer sein zum verschenken. 21 Thaler – – Wenn man nach Hause komt soll man jedem etwas mitbringen, und da sind deren so viele, daß ich am Ende Niemand was geben werde. d: 30t Sept. Mittag und Abend war ich beim Statsrath Kirstein. wo Weiße phantasierte. recht schön. ich that es nachher auch. 4 stimige Gesänge wurden sehr brav vorgetragen. Gestern Mittag war ich beim Minister Rosenkranz, wo ich spielte*. dann Abends bei Gerson, wo wir mein Quartett ganz 2 mal machten. es gieng vortrefflich, und ich habe es noch nie mit diesem Ausdrukke und Feuer spielen hören. Heute nun fahre ich zu Steigentesch /: du kennst doch den Dichter so manches niedlichen Lustspiels in Versen :/ aufs‡ Land, und Morgen nach der Probe zu Mad. Brun /: Mutter der Bombelles :/ Es ist überhaupt nicht möglich mehr fetirt zu werden, als mir geschieht, und ich will in der Errinnerung künftig leben, wenn’s zu Hause anders ist. Heute muß nun ein Brief von dir kommen mein gutes liebes Herzens Weibe. Wenn du nur auch gewiß recht gesund bist. ich verwundre mich über mich selbst, daß mir das schlaraffen und gute Eßen und Trinken so anschlägt. Es ist wahr ich habe viel Motion dabei, und zehre natürlich mäßig, aber es schmett mir doch sehr gut. und S‡chlaf und Abc: ist alles gut.
Die dummen Hämorhoiden aber thun mir mitunter gewaltig We We. und auf denen schlechten Postkarren wird der arme Pops‡ was leiden müßen, Je nun in Gottes Nahmen,Pops wenns nur bald zu dem Mutterle bringt.
Da habe ich deinen lieben Brief No: 9 /: muß heißen No: 8:/ vom 28 und 29t Sept: Gutes liebes Herz, was bist du aufgeregt, der Schluß macht mir fast Angst um‡ dich, und wenn ich nicht aus Erfahrung wüßte wie die Freude einen im ersten Augenblik wirbelnd machen kann, ich würde glauben du wärst krank und wolltest mir es nur verbergen. doch das mag ich nicht glauben, und bin also guten Muths, und beantworte | deiner guten Pote Arbeit heute noch, weil Morgen schwerlich ein Augenblik dafür zu finden sein wird. Der heutige Tag ist auch so vertrudelt worden, ohne daß ich etwas rechtes zu Stande brachte. und so 4 Meilen Wegs wegen einem Dinèr machen zu müßen*, ist doch fatal. Es war übrigens sehr angenehm beim General Steigentesch. Morgen früh habe ich nun viel zu laufen, um ½ 11 Uhr Probe. und um 1 Uhr zu Mad. Brun aufs Land 1 ½ Meile. ist wieder der Tag Futsch. Es geht mir mit den Tagen wie dir mit den Schillingen. Meine halten sich übrigens auch schlecht. Nun, wie es eben geht; wenn man sich nur nicht Verschwendung vorzuwerfen hat, und das ist wohl bei uns beiden nicht der Fall.
Also meine paar Zeilen aus Kiel haben dir noch Freude gemacht? ich schrieb sie in großer Bewegung. Du armer Muks, die Austern wollten also gar nicht rutschen? warte nur wenn ich kome, solls losgehen. daß in Hamburg 12 Tage zum Concert drauf gehen, glaube ich gerne, und daß den 17 oder 18t ein großes Concert in Hamb: sein würde, weiß ich auch. aber mein Concert kann auch auf jeden Fall, nur zwischen dem 17 und 28t sein. Will denn Romberg keinen Tag bestimmen? und den Saal miethen? p p p Mit Kampf und Sieg ist es nichts. das macht zu viel Umstände, Kosten und Proben, und — wo ist den[n] die Musik? ruhig in Prag, wo ich sie von Dresden zur Aufführung hinschikte.
Es ist ganz arg daß von Dresden keine Briefe kommen. ich weiß gar nicht was ich davon denken soll. ich werde doch in diesen Tagen an Graf Vizthum schreiben, und ihn darauf vorbereiten daß er es nicht übel nimmt wenn ich einige Tage etwa später eintreffen sollte*. Mit deinen verdammten dummen Träumen. ich werde dir gleich Puffi geben, so bös wirst du mich machen. Hast alle Augenblikke die Probe, daß sie lügen und dich betrügen, denn während du dich ängstigst und in Ahndungen verjammerst, bin ich kreuzwohlauf und alles geht nach Herzenslust. So sauf doch Geilnauer, oder Limonade, nur verlange zu lezterer keine Zitronen von hier, denn es kostet eine 20 Schillinge /: Papier :/
In dem kleinen Zimmerl werden wir uns schon behelfen. es wird da recht mukkelig sein. Du armer Schneefuß, deine gar große Freude dauert mich fast, da sie mein 2ter Brief etwas herabgestimmt haben wird, wie ich schon im ersten voraus sagte. Nun Gottlob, der Unterschied ist nicht groß. 4 Tage. Ja wohl ist der liebe Gott unendlich Gnädig gegen uns, das sehe ich täglich mehr ein, wenn ich sehe wie es um mich her zugeht, und | wie andre ehrliche Leute es sich müßen sauer werden laßen. Nun, erringen muß ich das Meinige wohl auch, aber es wird doch was draus. und ohne das würde ich vielleicht ein übermüthiger fauler Schlingel. Die BriefPost geht hier so schnell und ordentlich, daß du mir noch auf diesen Brief antworten kannst, welches ich dann Montag d: 9t erhalte. da ich doch erst Abends, oder Dienstag mit dem Frühsten fortkommen werde. Nun, mit Gottes Hülfe, liege ich heute über 14 Tage in deinen Armen, und drükke dich an mein altes treues Herz.
nun will ich in Bett gehn. bin auch müde.
Gute Nacht! + + + Gott segne dich.
Ewig dein dich unendlich liebender Carl.
Gute Nacht Liza*.
d: 4t noch in der Geschwindigkeit ein paar gute Morgenbußen und dann fort mit dem Patron auf die Pozt. habe sehr gut geschlafen, mein Fee verschlukt, und nun gehts ans Laufen. der Himmel erhalte dich auch gesund und heiter.
A[l]‡les herzliche an Fritz, Moritz, pp und besonders die gute Reichard die so treulich dir beisteht.
Apparat
Zusammenfassung
berichtet von zahlreichen Einladungen, wo er mit gutem Essen verwöhnt wurde und auch gespielt hat, sein Quartett sei bei einer solchen Gelegenheit sehr gut aufgeführt worden, beklagt, dass alles so weitläufig sei und viel Zeit mit An- und Abfahrt vergehe; sein Hamburger Konzert kann nur in der 2. Oktoberhälfte stattfinden, Romberg möchte Saal mieten, Überlegungen zu Mitbringseln
Incipit
„Herzliebster Schnukeduzzer, von jezt an“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 142Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
- Siegelloch
- Rötelmarkierungen von Max Maria von Weber
Dazugehörige Textwiedergaben
-
MMW II, S. 262 (nur kurzer Auszug)
Themenkommentare
Textkonstitution
-
„aufs“gelöschter Text nicht lesbar
-
„S“„s“ überschrieben mit „S“
-
„Pops“„Poz“ überschrieben mit „Pops“
-
„um“„üb“ überschrieben mit „um“
-
„l“ergänzt von den Hg.