Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Wien, Montag, 13. bis Mittwoch, 15. Oktober 1823 (Nr. 14)

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Absolute Chronologie

Vorausgehend

Folgend


Korrespondenzstelle

Vorausgehend

Folgend

An die hochwohlgebohrne

Freyfrau, Carolina von Weber

zu

Dresden.

Ich kann nicht schlafen gehn, mein geliebtes Leben, ohne dir eine gute Nacht gesagt zu haben, und zu danken für deinen No: 8 vom 8t 8b der mir viele Freude gemacht hat, bis auf den pumplichen Angst Böttger, laße dich doch nur um Gotteswillen nicht irre machen, Gott wird schon helfen.

Heute hatte ich zum erstenmale in der Probe Chor und Solosänger* beisamen. nach dem, Trozze nicht*, stieg der Enthusiasmus so hoch, daß alles sich um mich drängte, und mir Hände küßte pp und außer sich war. Die Chezy Geschichte* hat meinen Stern hinlänglich beruhigt, und ich bin guten Muthes.      Wenn nur die Ouverture schon fertig wäre. sei daher nicht böse, oder gar ängstlich, wenn du die nächsten 8 Tage ganz kurze Brieflein kriegst, denn ich muß alle Zeit und Mühe auf die dumme Ofenthüre verwenden, denn die Oper kommt mir höllisch auf den Hals. drum also auch jezt gute Nacht, bin sehr müde.      Gott segne Euch + + +. gute gute Nacht.

d: 14t früh.

Guten Morgen geliebtes Weib, hab mich verschlafen, und muß an Könneritz schreiben.

Abends 11 Uhr. zanke nicht herzliebe Mukkin über den curiosen Brief, aber der Störungen, Arbeiten, pp sind so viele daß ich würklich nicht zu mir selbst, das heißt, zu dir und Mäzze komme. Es drängt sich alles so sehr. Die Oper soll den 25t schon sein, /: verlaße dich aber noch nicht darauf :/ da sind also die Correcturen des KlavierAuszuges, die Besprechungen und Anordnungen alle. Die Proben, und — die Ouverture. ich gehe in gar keine Theater. und arbeite immer Abends zu Hause, bin aber natürlich meistens so abgespannt, daß es Zeit braucht ehe ich in Zug komme. Doch scheint mir sie wird nicht übel werden und du brauchst dich nicht zu ängstigen. dafür will ich aber wenn alles fertig ist recht jubiliren und einmal gar nichts thun, als schlampampen und mir huldigen laßen. natürlich brauche ich dazu wenigstens noch 4 Wochen nach der Aufführung, was geht mich Weib und Kind zu Hause an! — —

Nun aber geschwind noch nach dem Tagebuch berichten, denn Morgen komme ich vielleicht wieder nicht dazu. d: 12t also, nachdem ich bei Grünbaums meinen kleinen Beruhigungs Zettel No: 13 hatte ablaufen laßen, sang ich mit ihr recht lange bis 7 Uhr ihre Parthie durch. dann sprach ich mit Graf Dietrichstein über die | Unzelmannsche Geschichte*, im Auftrag des Geh. Raths. das wird schlimm werden. hier nehmen sie ihn nicht, Geld zum zurükreisen hat er nicht, hat schon von Holbein hieher wärts geborgt. sie hat sich im Wirthshaus fest gefreßen. u: s: w: — —

dann sehr ermüdet nach Hause, denn die Chezy Expedition* hatte mich doch angegriffen, und in Bett.      Gestern wie Du weißt, Probe und Arbeit. Heute dito Probe mit Chor von 10-2 Uhr. Nun in der Oper wird was geheult vor Rührung, es ist kein Auge was bis jezt nicht wenigstens einmal sich mit Thränen gefüllt hätte. das sind denn schöne lohnende Monumente.      Mittag bei Mosel mit Dietrichstein und Schreyvogel und Abbé Stadler.      dann mit Taglioni die Tanz Musik durchgegangen*, und über die Ouverture gestiegen.      den Brief an Könneritz habe heute früh nicht fertig machen können, der muß Morgen fort. nun ist das schöne tägliche Postgehen vorbei, und nur 2 mal die Woche kann ich dir schreiben. Wenn die Oper wirklich d: 25t ist so ist das zum Verzweifeln, daß ich dir erst 3 Tage später die Nachricht senden kann.

Nun gute Nacht. Die Finger wollen die Feder nicht mehr halten.      Gott segne Euch + + +, gute gute Nacht.

d: 15t      Gott gebe daß Ihr eben so fest und gut geschlafen habt wie ich, so wie ich überhaupt recht wohl bin, heute ein bischen Kopfweh abgerechnet, von der Hizze im Proben Zimmer, wo ich die erste Quartett Probe von 10-2 Uhr hatte, und ich freilich meine Kapelle vermißte. es geht aber doch. dann zum Eßen in der LudlamT. und weil das Wetter gar so herrlich ist, ließ mir Schwarz keine Ruhe und wir fuhren in den Prater zum Kaffee*. jezt schikk ich das Brieferl auf die Post. dann hoffe ich meine Ouverture im Entwurf zu beendigen. Das Instrumentiren geht hernach schon, wie Du weißt.

Mangolds Pferde möchte ich wohl haben, aber zum Winter? bleibt er denn nun in Dresden? und wie könnte ich sie sehen? was für Farbe, wie alt — groß, und theuerT.

Gott sei ewig gedankt daß mein Herzensjunge wieder gesund ist. nimm nur auch hübsch ein was dir verschrieben ist, damit deine armen Neffen beruhigt werden.      Das Beten des Mazzi | hat mich schon in der Erzählung gerührt.

Das ist ja arg daß so wenig geschrieben wird. treibe doch recht daß viele Partituren fertig sind wenn ich komme*.

Benedikt wohnt in einem Privat-logie. thut gar nichts, als herum Laufen; doch hat er mir auch jezt fleißig am Klavier-Ausz: geholfen.

Heute war der Grünbaum NamensTag. da hab ich ihr so ein Schächtelchen geschenkt. warst Du auch bei Prinzeß Thereß? es wäre sehr unrecht hättest Du es verduselt.      Warum mir Prinz Fr: keinen Brief geschikt hat, ist wirklich unbegreiflich. —

Nun lebt wohl ihr Einzig Geliebten. mit jeder Stunde wächst meine Sehnsucht nach Euch. Nun, die größte Hälfte der Trennung ist vorüber; jeder Augenblik bringt das Wiedersehen näher.
Ich seegne Euch innigst + + +. habe nur guten Muth, du kannst ihn wahrlich haben, Ewig dein dich über alles liebender Carl.

Apparat

Zusammenfassung

Caroline von Weber solle sich durch Böttiger nicht irre machen lassen, denn mit seiner Oper gehe alles gut; berichtet von erster Probe mit Chor u. Solisten; schwitzt noch an der Ouvertüre; 14.10.: die Auff. solle ev. am 25. Okt. sein; über Arbeit an Klavierauszug und Ouvertüre; weitere Proben und Besuche; weist Caroline an, möglichst viele Partituren abschreiben zu lassen; Benedict habe ihm beim Klavierauszug geholfen

Incipit

Ich kann nicht schlafen gehn, mein geliebtes

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 169

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelrest und -loch
    • Rötelmarkierungen von Max Maria von Weber

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Reisebriefe, S. 44–47

Textkonstitution

  • „um“über der Zeile hinzugefügt
  • „ich“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… der Probe Chor und Solosänger“Zur Premierenbesetzung der Euryanthe vgl. u. a. den Bericht in der Wiener Allgemeinen musikalischen Zeitung vom 1. November 1823.
  • „… beisamen. nach dem, Trozze nicht“III. Akt, 5. Szene Chor: „Trotze nicht, Vermeßner“.
  • „… sich war. Die Chezy Geschichte“Auseinandersetzungen um das Honorar für das Opernlibretto; vgl. die Tagebuchnotizen vom 10. bis 12. Oktober 1823 sowie die dort erwähnten Briefe.
  • „… Dietrichstein über die Unzelmannsche Geschichte“Vgl. den Brief an H. H. von Könneritz vom 14. Oktober 1823.
  • „… Hause, denn die Chezy Expedition“Siehe oben.
  • „… Taglioni die Tanz Musik durchgegangen“U. a. den Ernsten Reigen in der Introduktion Nr. 1.
  • „… in den Prater zum Kaffee“Laut Tagebuch in Begleitung von J. von Mailáth und J. Benedict.
  • „… fertig sind wenn ich komme“Laut Abrechung im Tagebuch vom 10. November 1823 wurde von den Kopisten während Webers Abwesenheit nur die Partitur zu Abu Hassan für Kopenhagen fertiggestellt.

    XML

    Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
    so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.