Carl Maria von Weber: Notizen über Sachsen und Dresden. Ein Beitrag zur musikalischen Topographie

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Sachsen. 3 Epochen, 1t von Friedrich August. Heinichen.
2t Haße. Opern. unter August d: 3t
3t Naumann. Seidelmann und Schuster gleichsam Schüler.
4[t] Pär’sche, Morlachi.
Dresden.Oboe dominirte wegen Bessozzi*. Clarinette kennt man erst seit der Anstellung Rhodens*. und Bessozzis Tode. Naumann liebte sie sehr und brachte es mit Mühe dahin. 12. Jahr. in jeder Stadt, StadtMusizi. daher KirchenMusik vorherrschend. nur 1 Hof. der blos am Italienischen hängt und am alten.            Choräle. Kirchlicher Vol[k]sGesang. Ästhetischer Mangel, aus übermaß
auf jeder Seite, lauter Italienische[s] oder lauter Choräle. Cantor. StadtMusikus. Stadtschulen wo die Sänger gezogen werden.
Erlaubniß. wenn die Kapelle spielt muß der Graf V. die E: geben. vorher wird die K: um ihre Mitw. ersucht. durch den KapellMst. oder Babi. neuerdings befohlen daß kein E: gegeben wird ohne Protektion, oder hinlängliche Subsc:
in der Stadt ohne C:[apelle?] PolizeiE: vom Polizei Direktor.
Locale.
Orchester ist sehr beschränkt. es giebt 2, davon selbst das größere ist so klein, daß Tr: und P: unter dem Orch: stehen.
das beste im Ho: de P: die Kapelle spielt in kein anderen. er ist auch am beliebtest[en] besonders der Adel will sonst nirgends hin.
Saal des Gewandhauses, groß, lang und niedrig. Orchester steht auch da. der Dillett: C:[hor?] ist da.
Conversat: Saal vor dem Seethor
manchmal Conc: gehört der Conver. Gesellsch: und muß von dieser besonders Erlaubt werden. nicht groß aber gut akustisch.
Saal der Harmonie. Schmahl und niedrig. gehört der Gesellsch: die wöchentlich alle 14 T. C:[onzert] g: und zu großen Aufführungen sind die Kreutzkirche und FraunKirche die besten. |
Bekanntmachung. Subsc: die die ConcertGeber selbst machen und durch den Kapelldiener gewöhnlich herum tragen laßen. oder Lohnbedienten. den Rabatt vom Billett.
Zeitung. Dresdener Anzeiger. erscheint alle Tage ausgenommen Sonntag. Zeile 18 Pf.           Zettel werden gedrukt 900 Stük. wenn die Kapelle spielt dürfen sie nicht angeschlagen sondern nur in die Häuser vertheilt werden. gewöhnlich werden die SingTexte mit auf den Zettel gedrukt welches man sehr liebt.
Kapelle.
das beste Orch: ist das das auf dem Bade spielt. die sogenanten JagdPfeiffer.12 Obergeiger Männchen*. alles gut besezzen. geschikte und willige Leute. 3 Posaun. 4 Horn.
außer ihnen wird aus dem Militair[,] der Garde, und Artillerie Musik recht braves Ensemble zusammen Gebracht. Fräulein aus dem Winkel. Harfe.
Babbi oder Dietsch. alles gut besezt. außer Trompete u Paukken, die bezahlt werden müßen. Dilletante[n]. Mlle Grünwald*, Zucker Kaßeschreiber Göz*. Pischel. Violoncell: Dilletant. Dozauer. Prinz. Flöte. Jäckel Oboe. Br. Rothe, Clar: Mieksch. und Pechwell. Mlle: Mlle: Die Kapellisten spielen nicht leicht ohne ihre Consorten.
gem: Sassarolli. Sandrini.
Leichte gefällige Musik. besonders sogar aus Opera buffa Arien in Concerten. Polonais pp in Concert: Arien, viel Höhe und Verzierungen. kein Vorurtheil gegen irgend ein Instrument. um 6 Uhr zuweilen ½ 7. Größere Arien mit Chor, Bruchstükke aus Opern sind beliebt. Große Vorliebe für Pär’sche Musik. Dreißig ein Erard:sches, und H: Fiedler* ein Streichersches [Pianoforte]. Magazin von Instr. im AdreßComptoir |
FinanzWesen. Winter. wenn die Opern aufgehört haben, von Mitte Dezember bis Ende, und von Fastnachtsdienstag bis zu den heiligen Wochen.
gewöhnli[ch]ster? Tag Freytag. jedoch ist dießen Tag Casino welches Manchmal ausgesezt ist
M: d: M: d: S: Sonntag ist auch gut, aber wegen den Conc[ert]tag bey Hofe, nichts, –
Bey Hofe spielen.Ohne große Empfehlung von K[apell]: K[ammer]: M[usikdirektor]: V: pp geht es gar nicht, und dann sehr schwer. da nie Con: bey Hofe Langenbrük. 2 Stunden.
Allgemeine B:
Neumann. Körner. Winkel. viele Häuser die sonst etwas thaten thun nichts mehr.
Ausgezeichnet waren sonst die Concerte beym HausMarschall von Schönberg*, für die selbst Naumann mehrere Sinfonien schrieb.
Nun 5 Jahre eine Akademie alle 14 Tage in sein[em] Hause unter Naumanns Direktion. Stehende Concert giebt es keine mehr seit Neumanns. und die Kapelle giebt seit       keine mehr da sie nicht auf die Kosten kam.

1stens das sogenannte DillettantenConcert auf dem Gemeindehause. alle 14 Tage an wechselnden Tagen nach Umständen. es besteht zum Theil aus Kapellisten und Liebhabern. Musikus Schulz dirigirt. Director, ist Geh: Registrator Krämpa* für immer.
jezt besteht, 2tens das Concert in der Harmonie, welches auch besondere Beyträge der Gesellschaft braucht und unter Direkzion       besteht.
Die Hoboisten der Garde und einige Liebhaber machen es aus. der Tag ist |
Schmiedel Viola, Pöeschke. V. Limberg V:
6 Stükk.? Mittwoch
Freytag. alle 14 Tage.
Quartetten abbonirte. Dozauer und Musiklehrer Forcht*. 3 Quart.? Morgenroth. Musikl: ein Klavier quartett. Dienstag. alle 14 Tage.
blos von den neuen Oratorien, wird den Montag in der Charwoche die 2te Probe bey Hofe gehalten, und den Ostersonnabend um 3. Uhr M Nachmittag die Aufführung in der HofKirche

Apparat

Zusammenfassung

In dem Bericht werden die musikalischen Verhältnisse von Sachsen und Dresden anhand der einzelnen Punkte des von Webers ausgearbeiteten Plans zum Noth- und Hülfsbüchlein systematisch aufgeschlüsselt skizziert.

Generalvermerk

Es ist naheliegend, dass diese Notizen während seiner Konzertreise mit Baermann in Dresden entstanden; im TB sind zwei gedankliche Auseinandersetzungen mit der „Topographie“ nachweisbar; vgl. 1. Februar 1812 und am 15. Februar 1812; vgl. außerdem die anderen überlieferten Dokumente zum Noth- und Hülfsbüchlein (Weber-Schriften).

Entstehung

Februar 1812 (nach Veit)

Überlieferung

  • Textzeuge: Original in zwei Teilen
  • 1. Fragment: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber Varia 9

    Quellenbeschreibung

    • Manuskript ohne Titel; undatiert
    • Incipit: „Sachsen. 3 Epochen, 1t von Friedrich August. Heinichen.“
    • 1 Bl. mit 2 b. S.
    • (Format 20,1x16,6 cm, WZ angeschnitten an der li. u. Ecke: E oder F innerhalb eines Ornaments, Kettlinien ca. 2,6 cm)

    Provenienz

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Carl Maria von Weber, ohne Titel, in: Weber-Studien. Bericht über das Symposium „Carl Maria von Weber und das Virtuosentum seiner Zeit“ (Dresden 2011) sowie Beiträge zu Weber in Stuttgart und Gotha, Bd. 9 (2014), S. 57–60
    • Faksimile (Fragment 1) in Weberiana, Heft 4 (1995), S. 46f.
  • 2. Fragment: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (XXII), Nr. 3

    Quellenbeschreibung

    • Incipit: „FinanzWesen Winter. wenn die Opern aufgehört haben,“
    • 1 Bl. mit 2 b. S.

    Provenienz

    • seit 1956 als Dauerleihgabe in der SBB (Schenkung 1986)

Textkonstitution

  • „unter“über der Zeile hinzugefügt
  • „… mit Mühe dahin. 12. Jahr.“Ergänzung von fremder Hand
  • „wöchentlich“durchgestrichen
  • „… sind die Kreutzkirche und FraunKirche“Weber änderte nachträglich die Reihenfolge der Kirchen durch Ziffern.
  • „12“über der Zeile hinzugefügt
  • „… aus dem Winkel . Harfe.“Ergänzung von fremder Hand
  • „… Pischel . Violoncell : Dilletant.“Wort steht auf nächster Seite
  • „Neumann“sic!
  • „Neumanns“sic!
  • „sogenannte“über der Zeile hinzugefügt
  • „… 1 stens das sogenannte“Ergänzung von Weber oder fremder Hand?
  • „Viola“über der Zeile hinzugefügt
  • „ö“überschrieben
  • „e“in der Zeile hinzugefügt
  • „V.“über der Zeile hinzugefügt
  • „V:“über der Zeile hinzugefügt
  • „Mittwoch“durchgestrichen
  • „M“durchgestrichen
  • „Hof“über der Zeile hinzugefügt
  • „… Aufführung in der Hof Kirche“Ergänzung von fremder Hand

Einzelstellenerläuterung

  • „… . Oboe dominirte wegen Bessozzi“Antonio Besozzi (1714–1781) oder sein Sohn Carlo (1738–1791), Oboisten in der Dresdner Hofkapelle.
  • „… erst seit der Anstellung Rhodens“Vgl. weiter unten unter Rothe.
  • „… sogenanten JagdPfeiffer. 12 Obergeiger Männchen“Evtl. Christian Gotthelf Männchen, Kgl. Jagdpfeifer; vgl. Dresdner Adreß-Kalender auf das Jahr 1811, S. 23 sowie Kgl. Sächs. Hof- und Staats-Calender auf das Jahr 1812, S. 69.
  • „… Dilletante n . Mlle Grünwald“Evtl. verwandt mit dem Violinisten Carl Georg Grünewald; vgl. Dresdner Adreß-Kalender auf das Jahr 1811, S. 17.
  • „… Grünwald , Zucker Kaßeschreiber Göz“Karl Friedrich Goetze, vgl. Hofkalender 1812, S. 84.
  • „… Erard :sches, und H: Fiedler“Vermutlich Carl Joseph Fiedler; vgl. Dresdner Adreß-Kalender auf das Jahr 1812, S. 17.
  • „… Concerte beym HausMarschall von Schönberg“Peter August von Schönberg (1732–1791), Herr auf und zu Luppa, Schmochtitz und Arnsdorf, Hausmarschall des Kurfürsten von Sachsen.
  • „… , ist Geh: Registrator Krämpa“Christ. Gottl. Krempe, geh. Registr.; lt. Dresdner AdreßKalender 1812, S. 36.
  • „… abbonirte. Dozauer und Musiklehrer Forcht“Franz Moritz Forcht (1760–1813), 1804 Musiklehrer in Polen bei Herrn von Szamota in Clewnia bei Warschau, seit 1811 in Dresden (DNB).

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