Der Streit um das Oberon-Erstaufführungsrecht in Berlin

Nach Webers Tod entbrannte zwischen den beiden Berliner Theatern – den Hofbühnen (Königliche Schauspiele) und dem privat geführten Königsstädtischen Theater – ein erbitterter Streit um das Recht zur Aufführung des Oberon in der preußischen Haupt- und Residenzstadt. Die langwierigen, von Juni 1826 bis 1828 dauernden Verhandlungen, aber auch die Auseinandersetzungen zwischen dem Generalmusikdirektor Spontini und dem Generalintendanten Brühl im Vorfeld der Einstudierung der Hofoper spiegeln sich in annähernd einhundert Briefen, Sitzungsprotokollen und behördlichen Weisungen wider, die sich überwiegend in drei Quellenkomplexen finden, welche sich inhaltlich teils überschneiden: Zum einen sammelte Brühl in einer Privatakte zahlreiche Zeugnisse in der Absicht, das „Gewebe von Chicanen und heimlichen Schlechtigkeiten des Herrn Spontini“ zur Hintertreibung der Oberon-Produktion zu dokumentieren, wie er auf dem Aktendeckel notierte (D-B, Mus. ms. theor. 1018). Zum anderen erhielt Webers Witwe Caroline von Weber von ihren Berliner Treuhändern Hinrich Lichtenstein und Heinrich Beer Kopien einiger Schriftwechsel, die sich im Weber-Familiennachlass erhalten haben (D-B, Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6, Bl. 23a bis 27b). Zusätzliche Schriftsätze blieben im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin in den Akten des Hausministeriums (Rep. 100) erhalten. All’ diese Dokumente sind auf der Homepage der Weber-Gesamtausgabe nachgewiesen, teils mit vollständigen Textwiedergaben, teils mit Inhaltsangaben; dieser Themenkommentar dient in erster Linie der Zusammenfassung eines Großteils der Einzelzeugnisse, um sie in den Kontext der Berliner Aufführungsvorbereitungen einbetten zu können.

Weber hatte sein Rundschreiben zum rechtmäßigen Erwerb der Oberon-Partitur am 13./14. Februar 1826 an beide Berliner Theaterdirektionen gesandt; das Begleitschreiben an Brühl hat sich erhalten, ebenso dessen Reaktion, in der Brühl bereits die mögliche Konkurrenz des Privattheaters mit der Hofbühne thematisierte. Die Reaktion des Königsstädtischen Theaters erwähnte Caroline von Weber in ihrem Brief vom 21. Februar 1826; in einem weiteren Schreiben empfahl sie ihrem Ehemann, die Oper an die Privatbühne zu geben, da er dann „viel weniger Aerger“ haben werde, umginge er so doch die leidigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Leitern der Berliner Königlichen Bühnen, die bereits die Berliner Erstaufführung der Euryanthe behindert hatten.

Die Leitung der Königlichen Schauspiele in Berlin bestellte am 15. Juni 1826 die Partitur des Oberon in Dresden, wurde im Antwortschreiben von Karl Theodor Winkler allerdings zunächst vertröstet, da die Oper in Dresden noch nicht komplett vorlag; Winkler übersandte lediglich seine deutsche Textbearbeitung. Eine nochmalige Anfrage des Theaterkomitees bezüglich des Partiturankaufs und des gleichzeitigen Erwerbs der alleinigen Aufführungsrechte für Berlin ging am 31. Oktober 1826 an Hinrich Lichtenstein als Vertrauten der Familie von Weber. Winkler wandte sich daraufhin per Brief vom 9. November an den Intendanten Brühl und teilte diesem mit, dass Caroline von Weber den befreundeten Bankier Heinrich Beer mit den Verkaufsverhandlungen betraut habe und dieser eine Partiturkopie nach Berlin mitbringen werde. Hinrich Lichtenstein leitete diese Antwort am 12. November mit einem Begleitschreiben an das Komitee der Königlichen Schauspiele in Berlin weiter. Per Schreiben vom 5. Dezember setzte Brühl seinen Vorgesetzten, den Minister des Königlichen Hauses Wilhelm Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, über den beabsichtigten Ankauf in Kenntnis. Im Kuratorium der Königlichen Schauspiele entbrannte daraufhin in der Konferenz vom 12. Dezember ein Streit über die Höhe der Ankaufssumme, die Brühl laut Sitzungsprotokoll mit der möglichen Konkurrenz des Königsstädtischen Theaters zu begründen versuchte, wogegen Spontini einwarf, die Oper dürfe entsprechend der Konzession des Privattheaters dort gar nicht gegeben werden. Eine schiedsrichterliche Kommission, bestehend aus dem Geheimen Oberfinanzrat Eugen Skalley und dem Theaterdichter Karl Alexander Herklots, sollte mit der Klärung des Sachverhalts beauftragt werden. Brühl informierte den Fürsten Wittgenstein am 14. Dezember über diese Einigung; dem erschien, wie er Brühl am 16. Dezember mitteilte, eine solche Prüfung bezüglich des Genres der Oper zunächst allerdings nicht nötig. Brühl wandte sich daraufhin nochmal mit seinem Schreiben vom 31. Januar 1827 an das Kuratorium der Königlichen Schauspiele, konnte aber laut Protokoll auch auf der Sitzung am 2. Februar 1827 bezüglich des Honorars keine Einigung erzielen, zumal Gerüchte über den angeblich ausbleibenden Erfolg des Oberon in LeipzigT gestreut worden waren1. Vorgeschlagen wurde anstelle der von Brühl vorgeschlagenen 800 Taler, ein geringeres Grundhonorar mit einer Zusatz-Zahlung nach der 50. Aufführung zu koppeln, was Brühl am 6. Februar Hinrich Lichtenstein mitteilte. Lichtenstein und Beer wiesen als Bevollmächtigte der Familie von Weber diese Offerte per Schreiben vom 12. Februar zurück und wiesen auf die Bereitschaft des Königsstädtischen Theaters zum Ankauf hin. In einem persönlichen Anschreiben vom 13. Februar bedauerte Lichtenstein, Brühl durch das Konkurrenzangebot unter Druck zu setzen. Hier wird – auch wenn Beer später Lichtensteins Worten ausdrücklich zustimmte– deutlich, dass die beiden von der Witwe Weber ernannten Treuhänder nicht immer an einem Strang zogen: Beer, dessen Familie Aktienanteile am Königsstädtischen Theater besaß, scheint sich eher für das Privatunternehmen stark gemacht zu haben, während Lichtenstein im Interesse einer adäquaten Aufführung zunächst eher die Hofbühnen bevorzugte – die Interessenskollisionen zwischen den zahlreichen an den Unterhandlungen Beteiligten (auch innerhalb des Kuratoriums der Königlichen Schauspiele) führten immer wieder zu einer gegenseitigen Blockade, was den Ablauf der Angelegenheit erheblich verzögerte.

Nachdem Brühl das Kuratorium der Königlichen Schauspiele am 15. Februar über die Ablehnung informiert hatte und die Treuhänder aufgrund eines konkreten Kaufangebots vonseiten des Königsstädtischen Theaters mehrfach auf eine Entscheidung drängten, trat das Kuratorium der Königlichen Schauspiele am 23. Februar erneut zu einer Sitzung zusammen, beharrte aber laut Protokoll auf seinem Vorschlag einer Teilung des Honorars. Brühl bat die Unterhändler in seinem Brief vom 25. Februar inständig, den Vertrag mit dem Privattheater noch nicht abzuschließen, und hoffte, das Königliche Hausministerium werde dem Ankauf durch die Hofoper doch noch unter den Bedingungen der Verkäufer zustimmen. Zudem wies er darauf hin, dass nun doch die schiedsrichterliche Kommission prüfen solle, ob das Königsstädtische Theater überhaupt eine Spielerlaubnis erhalten würde. Doch es war bereits zu spät: Am 27. Februar meldete Lichtenstein Brühl den Vertragsabschluss mit dem Königsstädtischen Theater, worüber Brühl seinerseits Fürst Wittgenstein informierte. Dieser beauftragte den Königlichen Kammerherrn Graf von Redern, der schiedsrichterlichen Kommission den Fall zur Prüfung vorzulegen, wie er Brühl schrieb.

Die Direktion des Königsstädtischen Theaters wandte sich am 5. März 1827 per Brief an die General-Intendantur der Königlichen Schauspiele und legte ihre Sicht auf den Sachverhalt dar: Da Wranitzkys Oberon auf dem Spielplan des Hauses stünde und Webers gleichnamiges Werk diesem thematisch ähnlich sei, zudem drei komische Partien aufweise, wäre es als komische Oper zu betrachten; eine Aufführung von Webers Oberon wäre also der Konzession gemäß. Man erwarte diesbezüglich eine Erklärung der Gegenseite. Brühl protestierte in seiner Antwort vom 9. März förmlich gegen die Aufführung durch das Privattheater und wies auf die ausstehende Entscheidung der Schiedskommission hin. Eine Kopie seines Einspruch gab er Fürst Wittgenstein zur Kenntnis. Georg Carl Friedrich Kunowski, der Syndikus des Königsstädtischen Theaters, hatte sich unterdessen am 8. März ebenso an den Minister gewandt; er schilderte in seinem Brief die Auseinandersetzungen aus seiner Warte und sah dem Ausgang des Streits ruhig entgegen. Der Minister übersandte seinerseits diesen Brief an Brühl und bat um Stellungnahme.

Inzwischen wurden die Streitigkeiten zum Stadtgespräch; Johann Friedrich Leopold Duncker warnte Brühl am 6. März vor Gerüchten, die gegen ihn kursierten, und Johann Philipp Samuel Schmidt drängte den Intendanten am selben Tag, einen diesbezüglichen Aufsatz von Moritz Gottlieb Saphir in der Berliner Schnellpost vom 5. März dementieren zu lassen.

Das Protokoll der Konferenz des Kuratoriums der Königlichen Schauspiele vom 15. März bezeugt, dass die Schiedskommission noch immer nicht entschieden hatte; auch Brühl äußerte in seinem Schreiben an Fürst Wittgenstein vom 18. März Zweifel wegen der Genre-Zugehörigkeit der Oper, widersprach aber Kunowskis Behauptung, dass dieser von Weber eine verbindliche Zusage zur Aufführung erhalten habe. Zwischenzeitlich signalisierte die Direktion des Königsstädtischen Theaters, wie Hinrich Lichtenstein am 13. Mai an Brühl schrieb, im Falle anderer Zugeständnisse ihr Einverständnis, dass beide Häuser parallel Webers Oberon spielen könnten, während Caroline von Weber am 19. Juni auf eine baldige Aufführung in Berlin drängte. Brühl wartete aber weiter ab; dem Vergleichsangebot der Gegenseite stimmte er erst am 1. Oktober im Brief an Lichtenstein und Beer zu, vorbehaltlich des Erstaufführungsrechtes für die Königlichen Schauspiele und einer Einigung über die Honorarfrage. Im Brief vom 8. Oktober sicherten die Bevollmächtigten der Familie von Weber auch in dieser Hinsicht Kompromissbereitschaft zu. Brühl wandte sich daraufhin am 18. Oktober mit Bitte um Klärung an den Grafen Redern, doch dann entschied die schiedsrichterliche Kommission, wie Fürst Wittgenstein dem Intendanten Brühl am 16. November mitteilte, dass der Oberon dem Genre nach nicht auf dem Königsstädtischen Theater gegeben werden dürfe. Kurz darauf wandte sich der Minister an Lichtenstein und Beer, um Missverständnisse bezüglich des Partiturerwerbs zu klären. Auch Brühl schrieb am 19. November nochmals an die Treuhänder, um endlich die Honorarfrage klären zu können.

Syndikus Kunowski quittierte diese Nachricht mit verständlicher Verärgerung, während sich Lichtenstein und Beer am 20. November, unterstützt durch eine Stellungnahme der Direktion des Königsstädtischen Theaters, mit einem Einspruch an den preußischen König Friedrich Wilhelm III. wandten, flankiert durch einem erklärenden Brief an den Fürsten Wittgenstein. In der Sitzung des Kuratoriums der Königlichen Schauspiele am 22. November 1827 wurde Brühl laut Protokoll beauftragt, erneut mit der Witwe Weber in Verhandlungen zu treten. Da Lichtenstein und Beer unter den geänderten Voraussetzungen nicht weiter als Unterhändler zur Verfügung stehen wollten, schrieb Brühl am 22. November direkt nach Dresden und offerierte, wie vom Kuratorium gefordert, ein Honorar von 600 (anstelle 800) Talern. Nachdem der König den Einspruch Lichtensteins und Beers am 27. November abgewiesen hatte, ließ Brühl seinem offiziellen Schreiben vom 22. am 28. November noch einen privaten Brief an Caroline von Weber folgen, in dem er sich für die Reduzierung des Honorars entschuldigte. Karl Theodor Winkler reagierte als Vormund der Weberschen Erben, ohne Wissen um die königliche Entscheidung, am 30. November zunächst noch abwartend, nach Empfang von Brühls Privatbrief stimmte die Witwe in ihrer Antwort vom 3. Dezember der Kürzung zu, machte jedoch zur Bedingung, dass Spontini auf keinen Fall direkt an der Aufführung beteiligt sein dürfe. Da Brühl die Zusage aber nicht als Reaktion auf sein offizielles Schreiben, sondern auf den Privatbrief erhalten hatte, gab er in der Kuratoriumssitzung vom 7. Dezember laut Protokoll an, er müsse sich nochmals nach Dresden wenden.

Am 10. Dezember schrieben Lichtenstein und Beer an die Direktion des Königsstädtischen Theaters und erbaten die Rücksendung ihrer Verhandlungsvollmacht, was man vonseiten der Direktion bedauerte; man zeigte sich dort allerdings befremdet vom Verhalten der Familie von Weber und forderte eine Erklärung. Die zurückgetretenen Bevollmächtigten setzten die Direktion davon in Kenntnis, dies an Winkler weitergeleitet zu haben, fragten aber gleichzeitig an, ob die Honorarzahlung für die Partitur vonseiten des Königsstädtischen Theaters trotzdem geleistet würde, wenn der Vertrag vom Februar 1827 inkraft bliebe.

Als sich Brühl am 16. Dezember an Lichtenstein und Beer mit der Bitte um die Aushändigung der Partitur wandte, reagierten diese ablehnend: Das Königsstädtische Theater wolle das Manuskript „für künftigen Gebrauch“ behalten2. Winkler bestätigte in seinem Brief vom 20. Dezember hingegen, dass die bereits in Berlin befindliche Partitur Brühl zu übergeben wäre. Brühl informierte das Kuratorium der Königlichen Schauspiele während der Konferenz am 21. Dezember 1827 über die Verweigerung der Herausgabe; nun zeigte man sich laut Protokoll doch zur höheren Honorarzahlung bereit. Dringlich wandte sich Brühl am 26. Dezember nochmals an Caroline von Weber und erbat eine Vollmacht der Witwe, anstelle der vom Königsstädtischen Theater blockierten Partitur jene des Verlegers Schlesinger als Vorlage für das Aufführungsmaterial ausleihen zu dürfen. Am 28. Dezember wurde laut Konferenz-Protokoll das Kuratorium der Königlichen Schauspiele darüber informiert.

Da noch unklar war, inwieweit die Familie von Weber an den im Februar 1827 mit dem Königsstädtischen Theater ausgehandelten Vertrag gebunden war, fragte Winkler im Brief an Brühl vom 29. Dezember, ob die Königlichen Schauspiele die Weberschen Erben gegen eventuelle Schadensersatzansprüche vertreten könnten. Laut Protokoll der Konferenz des Kuratoriums der Königlichen Schauspiele am 4. Januar 1828 erachtete der Geheime Justizrat Jordan eine entsprechende Erklärung für unbedenklich, wollte allerdings den Vertrag nochmals prüfen. Am 6. Januar 1828 erklärte sich Fürst Wittgenstein zur Unterzeichnung eines solchen Dokuments bereit3. Brühl übersendete die vom Justizrat Jordan aufgesetzte Erklärung am 9. Januar an seinen Vorgesetzten, dem das Dokument jedoch zu ausführlich erschien, weshalb er Brühl am 10. Januar eine knappere Version zuschickte. Entnervt mahnte der Minister: „Ich wünsche, daß Ew: Hochgeboren die Absendung der Anlage recht beschleunigen, damit diese Angelegenheit endlich einmal zur Ruhe kommt“. Brühl kam dieser Weisung unmittelbar nach und informierte Winkler noch am selben Tag; den Minister setzte er am Tag darauf darüber in Kenntnis. Am 13. Januar gab Winkler die Zusicherung, dass Partitur und Textbuch des Oberon mit der nächsten Post nach Berlin abgeschickt würden; auch darüber erhielt der Minister umgehend Information.

Fast zwei Jahre hatte Brühl um die Partitur der Oper gekämpft, nachdem er Weber bereits am 24. Februar 1826 um deren Zusendung ersucht hatte. Nun wollte er alle nötigen Vorkehrungen für eine adäquate Aufführung treffen, wurde aber von allen Seiten gedrängt. Spontini, der für seine eigenen Opern regelmäßig weit mehr Proben als üblich ansetzte, hatte dem Fürsten Wittgenstein gegenüber geäußert, eine Aufführung des Oberon sei Anfang März denkbar, was dieser am 22. Januar 1828 an Brühl weitergab. Dieser reagierte darauf mit dem Hinweis, dass dem Minister angesichts der eingesetzten finanziellen Mittel daran gelegen sein müsse, dass der Oberon nicht nur schnellstmöglich, sondern auch mit aller Sorgfalt einstudiert würde. Bei der Konferenz des Kuratoriums der Königlichen Schauspiele am 25. Januar äußerte Spontini laut Protokoll, er wolle Ende Februar / Anfang März bereits eine Generalprobe des Oberon abhalten. Auf Brühls Einwand, eine möglichst glänzende Ausstattung garantieren zu wollen, plädierte das Kuratorium dafür, dass zusätzliche Kosten für Dekorationsentwürfe vermieden werden sollten. Fürst Wittgenstein lag vor allem daran, dass die negative Presse-Berichterstattung beendet würde4 und forderte den Intendanten auf, sich wegen der Ausstattungskosten mit dem Kuratorium zu einigen. Die Kosten-Debatte und der allmähliche Fortschritt bei der Entstehung der Dekorationen spiegelt sich noch in mehreren Briefen Brühls sowie den Protokollen zu den Kuratoriumssitzungen vom 8., 22. und 29. Februar sowie 15. März wider, freilich musste Spontini am 22. Februar zugeben, die Kopisten wären noch mit dem Ausschreiben des Stimmenmaterials beschäftigt.

Nach der erfolgreichen Dresdner Erstaufführung (24. Februar 1828) übersandte Caroline von Weber ein neues Exemplar des Librettos, das die dortigen Dialog-Kürzungen dokumentierte; Brühl bestätigte am 13. März, dass man sich in Berlin daran orientieren wolle. In der Konferenz des Kuratoriums der Königlichen Schauspiele am 28. März 1828 einigten sich Spontini und Brühl laut Protokoll schließlich, dass die Oberon-Proben unmittelbar nach der nächsten Vorstellung des Alcidor (24. April 18285) beginnen sollten; die Protokolle vom 19. und 27. Juni nennen den 1. Juli als möglichen Premierentermin. Am 2. Juli 1828 konnte Brühl schließlich den Erfolg seiner Bemühungen genießen; die szenische Erstaufführung der Oper in Berlin wurde ein großer Erfolg, wie die Presseberichte bezeugen.

Im Nachgang versuchte man Brühl zu hohe Kosten nachzuweisen und forderte den Intendanten in der Kuratoriumssitzung am 9. Juli 1828 laut Protokoll zu einer Endabrechnung auf, die dieser am 17. Juli vorlegte. Ein Triumph für Brühl war es, dass in der Sitzung vom 31. August laut Protokoll beschlossen wurde, den Oberon häufiger zu wiederholen, da die Tageseinnahmen überdurchschnittlich gut waren.

Erleichtert konnte der Intendant am 20. Juli 1828 Caroline von Weber den Erfolg der Oper melden, was ihn umso mehr freue, als die Kämpfe auf dem Weg zur Aufführung hart waren. Die Quittung vom 21. Juli bestätigt, dass die Witwe das volle Honorar (800 Taler) erhalten hatte. Überschwänglich bedankte sie sich am 1. August für die freundschaftliche Unterstützung.

Dieser letzte „Sieg“ Brühls konnte seine zunehmende Amtsmüdigkeit freilich nicht mildern; in den endlosen Streitigkeiten, vor allem mit Spontini, zermürbt und aus seiner Sicht in seinem Engagement weder von seinen Vorgesetzten noch vom König ausreichend gewürdigt6, warf er endgültig das Handtuch und bat erneut um seine Entlassung, die nun endlich – nach mehreren Ablehnungen zuvor (1822, 1823 und 1824) – genehmigt wurde. Nachfolger als Generalintendant wurde, zunächst 1828 interimistisch, 1832 dann offiziell, Wilhelm von Redern, der bereits in die Auseinandersetzungen um den Oberon involviert gewesen war.

Weiterführende Literatur

  • Joachim Veit, Wranitzky contra Weber – Zu den Auseinandersetzungen um die Berliner Erstaufführung von Carl Maria von Webers Oberon, in: Festschrift Christoph-Hellmut Mahling zum 65. Geburtstag (Mainzer Studien zur Musikwissenschaft, Bd. 37), Tutzing 1997, S. 1439–1452

Endnotes

  1. 1In den Berlinischen Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, 1827, Nr. 30 (5. Februar 1827) war eine Notiz zu Weber erschienen, in der behauptet wird, der Oberon habe in Dresden (gemeint ist die deutsche Erstaufführung in Leipzig) „nicht gänzlich gefallen“. In Nr. 38 (14. Februar 1827) erschien die „Berichtigung“ (fälschlich bezogen auf Nr. 29 vom 4. Februar), in der lediglich der Aufführungsort richtiggestellt wird, ergänzt durch den Hinweis, dass die Aufführung in Dresden zwar „vorbereitet“ werde, jedoch noch nicht stattgefunden habe.
  2. 2Zusätzlich zu diesem kleinen „Racheakt“ setzte das Königsstädtische Theater einen Konkurrenz-Oberon auf den Spielplan: Am 25. Juni 1828 (also genau eine Woche vor der Berliner Erstaufführung von Webers Oberon) hatte dort die Neubearbeitung und Neuinszenierung von Wranitzkys Oberon durch Carl Blum Premiere, hatte aber trotz zahlreicher Wiederholungen (laut Tagebuch der deutschen Bühnen 1828, S. 297, 365, 367f., 389–391 u. a. am 28. und 30. Juni, 4., 6., 20. und 31. Juli, 10., 19., 24. und 28. August 1828) keinen nachhaltigen Erfolg; vgl. u. a. den Hinweis in der AmZ vom 20. August 1828.
  3. 3Über diese Rechtsauffassung herrschte keineswegs Einigkeit; Karl August Varnhagen von Ense notierte am 27. Januar 1828: „Der Witwe von Weber läßt Fürst Wittgenstein als Hausminister schreiben, sie solle die Oper nur einsenden, man stünde ihr für jeden Schaden, den ihr der Bruch des Kontrakts mit der Königstädtischen Bühne bringen möchte. Die Partitur ist darauf schon eingetroffen. Außer dem üblen Beispiel von Unredlichkeit tadelt man an diesem Verfahren noch die Unklugheit; Juristen meinen, die Sache könne bis 30,000 Rthlr. kosten.“; vgl. Karl August Varnhagen von Ense, Blätter aus der preußischen Geschichte, Bd. 5, Leipzig 1869, S. 19.
  4. 4Karl August Varnhagen von Ense notierte dazu am 6. Februar 1828: „Herr Graf von Brühl will seine Tadler zum Schweigen bringen, er bestürmt den Polizeiminister mit Beschwerden und Gesuchen. Schon hat Herr von Schuckmann den Zensoren anbefohlen, auch in bloß litterarischen Blättern nichts mehr über die Sache des ‚Oberon‘ zum Druck zu erlauben.“; vgl. Karl August Varnhagen von Ense, Blätter aus der preußischen Geschichte, Bd. 5, Leipzig 1869, S. 28f. Allerdings gingen die entsprechenden Anweisungen weniger von Brühl, als von Fürst Wittgenstein aus; vgl. dessen diesbezüglichen Briefwechsel mit Schuckmann. Besonders in dem von F. Förster und W. Häring redigierten Berliner Conversations-Blatt waren mehrere Beiträge speziell zur Oberon-Thematik erschienen, wobei der Text “Oberon und der Windmüller in Potsdam” besonderen Ärger bereitete, wie Varnhagen (ebd., S. 29) in diesem Zusammenhang kolportiert: “das Blatt war schon gedruckt, da kam der Oberhofmeister von Schilden eiligst zum Verleger Herrn Schlesinger, und bat ihn, wenigstens dem Könige das Blatt nicht mit den übrigen zu schicken, und so blieb es wirklich aus dem Exemplar, welches der König von dieser Zeitschrift zu empfangen pflegt, heraus.”
  5. 5Vgl. Tagebuch der deutschen Bühnen, Jg. 13, Nr. 8 (August 1828), S. 272.
  6. 6Vgl. dazu u. a. Eveline Bartlitz, „Unrichtigkeit“ oder „Ungenauigkeit“? Der Streit um Webers Berliner Euryanthe-Honorar im Kontext der Auseinandersetzungen zwischen Brühl und Spontini, in: Weberiana 21 (2011), S. 7–36.

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